Urteil in Düsseldorf:Lebenslänglich für den Kofferbomber

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Der Kofferbomber von Köln ist zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht sprach den Libanesen wegen vielfachen versuchten Mordes schuldig.

Rund zweieinhalb Jahre nach den versuchten Kofferbomben-Anschlägen auf zwei Regionalzüge hat das Oberlandesgericht Düsseldorf den 24-jährigen Libanesen Youssef E.H. zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.

Das Gericht befand den Angeklagten am Dienstag des versuchten Mordes an einer unbestimmten Zahl von Menschen in Tateinheit mit dem Versuch, eine Sprengstoffexplosion herbeizuführen, für schuldig.

Dass es nicht "zu einem verheerenden Blutbad mit einer Vielzahl von Toten gekommen ist", sei nur einem "Irrtum" beim Bau der Sprengsätze zu verdanken, sagte der Richter. Er teile die Einschätzung der Bundesanwaltschaft, dass Deutschland "einem islamistischen Anschlag nie näher gestanden habe".

Der Angeklagte nahm das Urteil äußerlich unbewegt auf. Seine Verteidigung hatte bereits vor dem Urteilsspruch angekündigt, Revision vor dem Bundesgerichtshof einlegen zu wollen.

Die Bundesanwaltschaft hatte in dem vor einem Jahr begonnenen Prozess eine lebenslange Freiheitsstrafe für den Angeklagten gefordert. Dieser habe aus "terroristischen Motiven" Zugreisende heimtückisch töten wollen.

Die Verteidigung plädierte dagegen auf Freispruch. Der Angeklagte und der wegen desselben Deliktes bereits im Libanon zu zwölf Jahren Haft verurteilte Jihad Hamad hatten im Juli 2006 auf dem Kölner Hauptbahnhof zwei Kofferbomben in Regionalzügen nach Hamm und Koblenz deponiert, die aber nicht explodierten.

E.H. bestreitet jede Mordabsicht. Der Angeklagte betonte immer wieder, es habe sich bei den Bomben lediglich um Attrappen gehandelt.

In Motivation und Zielrichtung sei der geplante Anschlag eine "zutiefst terroristische Tat", sagte der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling. Auslöser sei die Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in dänischen und deutschen Medien im Frühjahr 2006 gewesen. "Der Angeklagte sah in diesen einen nicht zu verzeihenden Angriff auf den Propheten Mohammed, den Islam und damit die gesamte islamische Welt, den er auf keinen Fall tatenlos hinzunehmen bereit war."

Zu der Zeit hatte E.H. in Kiel gelebt, weil er auf Wunsch der Eltern ein Ingenieurstudium aufnehmen sollte. Der Angeklagte sei die treibende Kraft hinter den Plänen gewesen, habe Jihad H. zum Mitwirken überredet. Wären die Sprengsätze detoniert, hätte es laut Urteil einen 15 Meter großen Feuerball gegeben, Splitter wären durch die Abteile geflogen.

Der angeklagte Libanese hatte im Prozess behauptet, er habe die Sprengsätze bewusst sabotiert. Das Auffinden von Blindgängern habe Unruhe verbreiten und ein Zeichen setzen sollen, so der 24-Jährige. Das Gericht ging dagegen von "Schutzbehauptungen" des Angeklagten aus. Er habe sich immer wieder in Widersprüche verwickelt.

Die Bundesanwaltschaft hatte lebenslange Haft beantragt, die Verteidigung Freispruch. Das Gericht hat in dem Verfahren 60 Verhandlungstage absolviert und 76 Zeugen gehört. Der Komplize Jihad H. war bereits vor einem Jahr im Libanon zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden.

Das Urteil verzögerte sich zuletzt mehrfach. Nach den Plädoyers beider Seiten nahm der Staatsschutzsenat die Beweisaufnahme noch einmal auf, weil die libanesischen Behörden kurzfristig Vernehmungsprotokolle von Hamad übersandten.

Danach wurde der Abschluss des Prozesses durch zahlreiche neue Beweisanträge der Verteidigung immer wieder hinausgeschoben.

© AP/dpa/Reuters/gdo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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