Unruhen in China:Peking riegelt Uiguren-Viertel ab

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Die Unruhen in China haben nach Angaben der Uiguren-Anführerin weit mehr Opfer gefordert als bislang bekannt. Peking schickt weitere Soldaten in die Krisenregion.

Bei den blutigen Unruhen in der chinesischen Uiguren-Region Xinjiang sind nach Angaben des Uigurischen Weltkongresses rund 800 Uiguren von Polizisten getötet worden. Sie seien durch "Schüsse und Schläge" der Polizei ums Leben gekommen, schrieb die in Washington im Exil lebende Uiguren-Anführerin Rebiya Kadeer am Mittwoch in einem Beitrag für die asiatische Ausgabe der Zeitung Wall Street Journal.

Chinesische Truppen auf einem Lkw in Urumqi: Die Regierung schickt weitere Soldaten und Polizisten in die Krisenregion. (Foto: Foto: dpa)

Bei einem Treffen des Weltkongresses am Mittwoch in München hieß es, man habe Anrufe aus verschiedenen Städten bekommen, dass Menschen ums Leben gekommen seien. Vermutlich sei die Lage sehr viel schlimmer als in den Medien dargestellt.

Bei ihren Angaben berief sich die 62 Jahre alte Kadeer auf eigene Quellen in der Provinz Xinjiang, die von den Uiguren als Ostturkestan bezeichnet wird. Nach offiziellen Angaben kamen bei den Auseinandersetzungen am Wochenende mehr als 150 Menschen ums Leben.

Die Proteste hätten sich mittlerweile über die Regionalhauptstadt Urumqi hinaus auf andere Teile der Provinz ausgeweitet, berichtete Kadeer. So gebe es auch unbestätigte Berichte über mehr als 100 Tote in der Stadt Kashgar. Besorgt zeigte sich die Uiguren-Führerin über verschärfte Sicherheitsmaßnahmen der chinesischen Behörden wie Hausdurchsuchungen und Festnahmen.

Hubschrauber über der Stadt

Die chinesischen Behörden haben das Sicherheitsaufgebot im Uiguren-Gebiet am Mittwoch massiv verstärkt. Tausende Soldaten und Polizisten marschierten nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP in Urumqi auf.

Die mit automatischen Schusswaffen ausgerüsteten Sicherheitskräfte riegelten die von Uiguren bewohnten Viertel ab. Über der Stadt kreisten Hubschrauber der Armee.

Trotz der Militärpräsenz haben Han-Chinesen einzelne Uiguren überfallen und misshandelt. Das berichteten AFP-Reporter. Sie beobachteten zwei derartige Vorfälle. Obwohl die chinesischen Sicherheitskräfte einschritten, konnten sie nicht verhindern, dass zumindest einer der Angegriffenen blutende Wunden im Gesicht erlitt.

In einem der beiden Fälle überfiel ein Gruppe von rund 20 Han-Chinesen, die mit Holzstöcken und anderen Gegenständen bewaffnet waren, im Zentrum von Urumqi einen uigurischen Mann. Der Angegriffene wurde etwa eine Minute lang mit Faust- und Stockschlägen malträtiert, bevor Sicherheitskräfte die Menge auseinander trieben. Zu Festnahmen kam es nach der Beobachtung des Reporters nicht.

In dem zweiten Fall machte eine Gruppe von Han-Chinesen Jagd auf drei Uiguren. Zwei konnten sich in Sicherheit bringen, der dritte wurde von der aufgebrachten Menge geschlagen und getreten. An dem Angriff beteiligten sich Frauen und Männer. Nach etwa 30 Sekunden wurde der Mann von der Polizei abtransportiert. Er blutete im Gesicht.

Gestern waren Han-Chinesen mit Knüppeln, Schaufeln und Messern bewaffnet durch Urumqi gezogen, um sich für die Übergriffe muslimischer Uiguren am Wochenende zu rächen. Uiguren und Chinesen machen sich gegenseitig für die Eskalation der Gewalt verantwortlich.

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