Unruhen im Gazastreifen:Jordanischer König fordert Arafats Rücktritt

Lesezeit: 2 min

Abdullah II. hält den palästinensischen Präsidenten für ein Hindernis auf dem Weg zum Frieden. Derweil wird die Kritik an der israelischen Militäroffensive immer schärfer - heute sind mindestens 19 Palästinenser getötet worden.

Bei der größten israelischen Offensive im Gazastreifen seit Beginn des Palästinenseraufstands vor vier Jahren sind nach Angaben palästinensischer Ärzte mindestens 19 Palästinenser getötet worden. Unterstützt von Kampfhubschraubern drangen in der Nacht auf Dienstag Dutzende israelische Panzer in das Flüchtlingslager Rafah ein, in dem 90.000 Menschen leben.

Nach Krankenhausangaben wurden bei der "Operation Regenbogen" mehr als 50 Menschen verletzt. International wurde die Militäraktion scharf kritisiert.

Tausende fliehen aus ihren Häusern

Augenzeugen berichteten, dass die Truppen mit der Zerstörung von Gebäuden im Grenzbereich zu Ägypten begonnen hätten. Dabei habe es heftige Gefechte mit militanten Einwohnern gegeben, von denen mehrere bei Raketenangriffen aus Hubschraubern getötet worden seien. Tausende Palästinenser flohen wegen der Kämpfe aus ihren Häusern.

Die israelische Regierung rechtfertigte den Einsatz als Kampf gegen gefährlichen Waffenschmuggel an der Grenze zu Ägypten. Verteidigungsminister Schaul Mofas sagte, die Militäroffensive in Rafah sei "zeitlich unbegrenzt".

Jordaniens König Abdullah II. forderte den palästinensischen Präsidenten Arafat auf, über seinen Rücktritt nachzudenken. In einem Gespräch mit der New York Times warf er Arafat indirekt vor, ein Hindernis auf dem Weg zu einem Frieden im Nahen Osten zu sein. "Meiner Meinung nach muss Arafat einen langen Blick in den Spiegel werfen und sich fragen, ob seine Position der palästinensischen Sache hilft oder nicht," erklärte Abdullah.

Amnesty International: "Ein Kriegsverbrechen."

Ein Sprecher von Palästinenserpräsident Jassir Arafat sprach von einer "Katastrophe". Die Arabische Liga und die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichneten das israelische Vorgehen als "Kriegsverbrechen". Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge nannte das Vorgehen Israels völkerrechtswidrig.

EU übt scharfe Kritik

Die Arabische Liga erklärte, das Eindringen in das Lager Rafah habe die "ethnische Säuberung und die kollektive Bestrafung des palästinensischen Volkes zum Ziel". Auch die Europäische Union übte scharfe Kritik. Die Zerstörung palästinensischer Häuser verstoße gegen den Fahrplan zur Lösung des Nahost-Konflikts, kritisierte EU-Chefdiplomat Javier Solana am Dienstag in Brüssel.

Das Vorgehen passe auch nicht zur Absicht Israels, sich aus dem Gazastreifen zurückzuziehen. Israel begründet den Abriss damit, dass die Häuser als Deckung für angreifende Palästinenser und Endpunkt für Erdtunnel dienten, durch die Waffen eingeschmuggelt würden. Nach Angaben von Amnesty International hat Israel in den vergangenen dreieinhalb Jahren mehr als 3000 Wohnungen abgerissen.

Bush fordert Zwei-Staaten-Lösung

US-Präsident George Bush mahnte Israel zur Zustimmung zu einer Zwei-Staaten-Lösung. "Um des Friedens willen" sei Israel "verpflichtet, dem palästinensischen Volk beim Aufbau eines eigenen Staates zu helfen", sagte Bush am Dienstag. Auf Drängen arabischer Staaten wollte der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am späten Abend in New York über die Lage beraten.

© SZ vom 19.5.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: