UN-Plan:EU drängt Zypern zur Wiedervereinigung

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Nach den erfolglosen Zypern-Gesprächen in der Schweiz hat die EU an die Konfliktparteien appelliert, nun die Volksabstimmungen über eine Wiedervereinigung der Insel am 24. April zu unterstützen. EU-Erweiterungskommissar Verheugen sagte der SZ, ein Nein der Griechen und Türken würde "die permanente Teilung der Insel bedeuten".

Von Christiane Schlötzer und Christian Wernicke

Verheugen sieht noch Chancen für eine Lösung, obwohl es bei den Gesprächen keine Einigung auf UN-Generalsekretär Kofi Annans Vereinigungsplan gab. Verheugen lobte die Türkei für ihre "konstruktive Rolle".

Verheugen warnte die griechische Seite vor einer Ablehnung des Wiedervereinigungsplans. Eine solche Haltung könnte die Beziehungen zwischen Athen und Ankara "kaputt machen", sagte der EU-Erweiterungskommissar im Gespräch mit der SZ am Donnerstag in Brüssel.

Ausdrücklich lobte Verheugen die "konstruktive und kooperative" Haltung der Türkei bei den Gesprächen auf dem Schweizer Bürgenstock. Die türkische Regierung sei der "anderen Seite immer einen Schritt voraus gewesen". Sie habe damit gezeigt, dass sie "die politischen Kriterien" für einen EU-Beitritt "erfüllen kann und will", meinte Verheugen.

Der türkische Regierungschef Tayyip Erdogan hatte in der Nacht zum Donnerstag den Vereinigungsplan Annans für Zypern ausdrücklich gebilligt. Dagegen hatte der griechische Premierminister Kostas Karamanlis erklärt, leider sei es nicht möglich gewesen, eine Lösung zu erreichen.

Für Verhärtung sorgte zuletzt vor allem die Haltung der Zypern-Griechen unter ihrem Präsidenten Tassos Papadopoulos. EU-Diplomaten sagten, dies habe sie nicht überrascht. Verheugen beharrte, man sei einer Einigung nah gewesen. "Der Prozess ist nicht gescheitert", betonte der Erweiterungskommissar.

"Fair für beide Seiten"

Andere äußerten sich weniger optimistisch. Die griechische Presse bewertete den Zypern-Gipfel überwiegend skeptisch. Der Annan-Plan sichere nicht das Funktionieren eines neuen Zypern-Staates, schrieb die Zeitung To Vima unter Berufung auf die griechische Delegation. Das rechtsgerichtete griechische Blatt Eleftheros Typos nannte den Annan-Plan eine "türkeifreundliche Monstrosität". Türkische Zeitungen feierten den Gipfel als Erfolg für Ankara.

Schon im Februar, vor den Schweizer Verhandlungen, hatten sich die Konfliktparteien in New York darauf verständigt, dass es auch ohne Einigung der Politiker erstmals zu Volksabstimmungen auf beiden Seiten des Stacheldrahts auf Zypern über den Annan-Plan kommen wird. Annan agierte am Ende des Schweizer Treffens als Schiedsrichter und füllte die strittigen Passagen in dem Plan selbst aus.

Stimmt eine der beiden Volksgruppen der Wiedervereinigung bei den getrennten Referenden nicht zu - wie letzte Umfragen im griechischen Teil erwarten lassen -, kann nur der griechische Süden am 1.Mai Mitglied der EU werden. Dies würde die Teilung verschärfen. Die EU-Aufnahme der Republik Zypern, der international einzig anerkannten Vertretung der Insel, ist bereits 2003 von der Union beschlossen worden.

Annan warnte in einem dramatischen Appell am Ende der Beratungen, die Gelegenheit eines Zypern-Friedens nicht vorbeigehen zu lassen, wie schon so oft in der Vergangenheit. Die Insel ist seit 1974 geteilt, nachdem türkische Truppen dort einmarschierten, zunächst nur um Gewalttätigkeiten zwischen den Volksgruppen zu beenden. Seitdem hat die Türkei bis zu 40 000 Soldaten auf der Insel stationiert.

Der Annan-Plan sieht keine völlige Demilitarisierung vor, aber eine starke Reduzierung der Truppen. Deren Stärke soll nach dem Jahr 2018, oder wenn die Türkei EU-Mitglied wird, auf eine symbolische Größe beschränkt werden. Begleitet wurde der Schweizer Gipfel von intensiver Telefon-Diplomatie. US-Außenminister Colin Powell schaltete sich mehrmals ein. Er nannte den Annan-Plan am Donnerstag in Berlin fair für beide Seiten.

Unabhängig von der Zypern-Debatte befasste sich das Europaparlament mit der Türkei. In einer Resolution stellte es fest, "trotz mutiger Anpassungsgesetze" habe Ankara die EU-Beitrittskriterien noch nicht erfüllt. Die Türkei sollte aber ihre Reformen fortsetzen.

© SZ vom 2.4.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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