Umgang mit Flüchtlingen:EU kooperiert mit Nordafrika bei Asyl

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Die Europäische Union will Flüchtlinge außerhalb der europäischen Grenzen verstärkt schützen. Dazu sollen fünf afrikanische Staaten mit Hilfe Europas eigene Aufnahmesysteme aufbauen.

Von Cornelia Bolesch

Die Europäische Union will den Flüchtlingsschutz außerhalb der europäischen Grenzen verstärken. Dazu will sie mit den Herkunftsregionen der Flüchtlinge und europäischen Nachbarregionen wie Nordafrika zusammenarbeiten.

Beim Treffen der EU-Innenminister im holländischen Scheveningen kündigte EU-Kommissar Antonio Vitorino ein Pilotprojekt für fünf nordafrikanische Länder an.

Zusammen mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und der niederländischen EU-Ratspräsidentschaft will man Tunesien, Libyen, Algerien, Marokko und Mauretanien helfen, eigene solide Asylsysteme aufzubauen und europäische Standards bei der Aufnahme von Flüchtlingen einzuhalten. Dafür müssten diese Länder jedoch die Genfer Flüchtlingskonvention unterschreiben, bekräftigte Vitorino.

Keine Ablehnung der Schily-Zentren

Der weitergehende Vorschlag des deutschen Innenministers Otto Schily, in Nordafrika eigene Zentren für schiffbrüchige Flüchtlinge einzurichten und dort besondere EU-Aufnahmeverfahren durchzuführen, wurde in der Runde der Innenminister zurückhaltend, aber nicht ablehnend aufgenommen.

"Schily hat einen wichtigen Anstoß" gegeben, sagte ein Mitarbeiter Vitorinos. "Aber wir befinden uns erst ganz am Anfang der Diskussion".

Vitorino selbst erklärte, er gehe "offen" an diese Pläne heran. Es gebe dabei jedoch eine Reihe von ungeklärten Fragen. Vitorino betonte, zunächst müsse die EU über die bisher vereinbarten Mindeststandards in den Asylfragen hinausgelangen und zu einem echten einheitlichen Asylrecht kommen. Erst dann könne man prüfen, unter welchen Umständen Asylanträge auch außerhalb der EU-Grenzen gestellt werden können.

Flüchtlinge, die im Mittelmeer gerettet werden, können nach Ansicht der Kommission nach Afrika zurückgebracht werden, sofern sie in internationalen oder afrikanischen Hoheitsgewässern aufgegriffen wurden.

Wer europäisches Hoheitsgebiet erreicht habe, müsse aber in der EU betreut werden. Diesem Grundsatz stimmte in Scheveningen auch Innenminister Schily zu. Der Direktor des Flüchlingshilfswerks UNHCR, Ruud Lubbers, sagte, für Menschen, die auf dem Weg nach Europa aufgegriffen würden, müsse man "ein faires Verfahren zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft unter internationaler Aufsicht" entwickeln.

Mehrere Minister äußerten sich verärgert, dass die künftige Flüchtlingspolitik der EU in der Öffentlichkeit auf das Wort "Lager" begrenzt werde. "Wir haben uns entschlossen, von Aufnahmezentren zu sprechen", sagte ein Vertreter der niederländischen Ratspräsidentschaft.

Der belgische Innenminister Patrick Dewael und sein französischer Kollege Dominique de Villepin betonten, dass man an die "Wurzel" der Fluchtursachen herankommen müsse.

Lebensbedingungen verbessern

Das wichtigste Ziel sei es, die Lebensbedingungen in Afrika und anderen armen Regionen so zu verbessern, dass Menschen vor ihrer Armut nicht mehr fliehen müssten. Villepin äußerte sich skeptisch zur Idee von speziellen Aufnahmezentren in Nordafrika. Diese Lager könnten zu einem "Tummelplatz der Mafia" werden.

Ungeachtet dieser Skepsis Frankreichs will Innenminister Otto Schily seine Idee zusätzlicher Asylverfahren jenseits der Grenzen der EU mit dem französischen Nachbarn, aber auch den Regierungen von Ialien, Spanien und Großbritannien inweitertreiben. Mitte Oktober werde es ein Treffen dieser Fünfergruppe in Florenz geben, kündigte Schily an.

© SZ vom 2.10.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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