Umgang mit der Linken:Claudia Roth kritisiert Trittin

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Vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg debattieren die Grünen über den richtigen Umgang mit der Linken. Fraktionsvize Jürgen Trittin kann sich rot-rot-grüne Bündnisse vorstellen. Seine Parteiführung hingegen gar nicht.

N. Fried, C. Hickmann und E. Jung

Die von Fraktionsvize Jürgen Trittin losgetretene Debatte über eine langfristige Öffnung der Grünen zur Partei Die Linke ist in der Führung der Bundespartei auf wenig Gegenliebe gestoßen. Die Parteivorsitzende der Grünen, Claudia Roth, sagte der Süddeutschen Zeitung: "Eine solche Diskussion hilft uns überhaupt nicht weiter."

Kritisiert ihren Parteifreund Jürgen Trittin: Grünen-Parteivorsitzende Claudia Roth (Foto: Foto: ddp)

Für die Grünen gehe es jetzt darum, alle Kräfte auf den Wahlkampf in Hamburg zu konzentrieren, erklärte Roth. Dort habe man das klare Ziel, mit einer rot-grünen Koalition nach der Landtagswahl am 24. Februar die Regierung zu stellen. Alle anderen Farbenspiele hätten "keinen Mehrwert".

Trittin hatte zuvor seine Haltung bekräftigt, dass eine dauerhafte Ausgrenzung der Linken nur "der Konservierung der Machtbeteiligung der Konservativen" diene. So könne im Saarland 2009 die CDU-Regierung nur mit einem Dreierbündnis abgelöst werden, sagte Trittin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Im Bund sei 2009 alternativ zu Rot-Grün für seine Partei allerdings nur eine Ampelkoalition mit der FDP möglich. Hier sei die Linke noch nicht regierungsfähig, erklärte Trittin.

"Sinnlose Planspiele"

Roth sprach sich zwar dafür aus, die Linke als politischen Gegner ernst zu nehmen und "nicht in eine Schmuddelecke zu stellen". Das bedeute jedoch nicht, über Bündnisse zu spekulieren, sondern zu hinterfragen, "wofür diese Partei eigentlich steht". Insbesondere Linken-Chef Oskar Lafontaine hielt sie vor, auch mit fremdenfeindlichen Äußerungen auf Stimmenfang zu gehen.

Auch Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt verwies darauf, dass ihre Partei in Hamburg "aussichtsreich für eine rot-grüne Koalition kämpft". Alles andere seien "sinnlose Planspiele". Es helfe niemandem, jetzt zu spekulieren, "wie sich die Linke vielleicht mal in ein paar Jahren aufgestellt haben könnte", sagte die Grünen-Politikerin der SZ.

Göring-Eckardt, die aus Thüringen stammt, sagte mit Blick auf alle etablierten Parteien, sie sei verwundert, "dass einige jetzt aus dem Dornröschenschlaf erwacht sind und plötzlich entdecken, dass es eine weitere Partei gibt". Sie warnte aber auch vor einer Dämonisierung der Linken und forderte statt dessen zur inhaltlichen Auseineinandersetzung auf. "Die Linke schert sich überhaupt nicht um Generationengerechtigkeit, sondern redet nur von Verteilung im Hier und Heute."

Als "strategisch und politisch dumm" bezeichnete es dagegen der Bundestagsabgeordnete Winfried Hermann, die Linke mit Blick auf Koalitionsoptionen langfristig zu ignorieren. Nach den Landtagswahlen in Hessen und Niedersachsen sei klar, dass eine Politik, die die Linke ausgrenze, nicht funktioniere, sagte Hermann.

Die Grünen müssten lernen, die Linke als gefestigte demokratische Größe zu akzeptieren und sich inhaltlich mit ihr auseinandersetzen. "Wir können nicht so tun, als gäbe es sie nicht. Damit muss Schluss sein."Für die Bundestagswahl im kommenden Jahr forderte Hermann eine schärfere Linksausrichtung seiner Partei. Nur einer Mannschaft mit "klar grün-profilierter" Ausstrahlung könne im Wahlkampf erfolgreich sein. "Da gibt es momentan schon Mängel", sagte Hermann.

Noch deutlicher hatte sich zuvor der Frankfurter Bundestagsabgeordnete Wolfgang Strengmann-Kuhn geäußert. Er hatte seine Partei aufgefordert, sich einem Bündnis mit SPD und der Linken nicht zu verschließen, da die Linke den Grünen in Hessen inhaltlich näher stehe als die FDP.

Hessens Grüne für pragmatische Politik

Offiziell wollte dies der Landesverband nicht kommentieren, doch innerhalb der Partei steht Strengmann-Kuhn mit seiner Einschätzung nicht allein da. Anders als die SPD, hatten die Grünen es nach der Wahl vermieden, sich kategorisch von der Linken abzugrenzen.

Innerhalb des hessischen Landesverbands wird vor allem auf der pragmatischen Ebene argumentiert, da breite Unsicherheit darüber herrscht, wie verlässlich man mit der Linken zusammenarbeiten könnte. Das Argument hingegen, die Linke stehe den Grünen inhaltlich näher als die FDP, wird von vielen geteilt. So lehnen beide Parteien den Ausbau des Frankfurter Flughafens ab.

Die Spitze des Landesverbands will es jedoch vermeiden, vor der Hamburger Bürgerschaftswahl die Diskussion öffentlich zu führen. Anders verhalten sich Teile der Basis. So forderten die Hanauer Grünen den Landesvorstand und die Landtagsfraktion in einem offenen Brief auf, Verhandlungen mit der Linken zu beginnen.

Der ehemalige hessische Justizminister Rupert von Plottnitz hatte zuvor als mögliches Modell bereits eine rot-grüne Minderheitsregierung ins Spiel gebracht, die sich von der Linken tolerieren lassen könnte.

© SZ vom 06.02.2008/schä - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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