Umbruch in Israel:Peres verliert Parteivorsitz

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Der 82-jährige Politik-Veteran und Friedensnobelpreisträger hat in einer Urabstimmung der israelischen Arbeiterpartei völlig überraschend gegen den Gewerkschaftsführer Amir Peretz verloren. Peretz kündigte nach seiner Wahl das Bündnis der Partei mit Ariel Scharons Likud-Block auf - es steht ein politischer Umbruch bevor.

Der 54-jährige kündigte vor jubelnden Anhängern am Donnerstagmorgen ein Ausscheiden aus der Regierungskoalition mit Ariel Scharon an. "Wir werden uns zurückziehen, aus Verantwortung für die israelische Demokratie", sagte er.

Es sei aber noch zu früh, einen konkreten Termin zu nennen, fügte er hinzu. Die Haltung der Partei solle aber schnell festgelegt werden. Er wolle die Arbeitspartei zu einer echten Alternative zum Likud Scharons machen "und die Macht erringen".

Dies bedeutet das Ende der israelischen Regierungskoalition, mit Parlamentsneuwahlen wird im Frühjahr gerechnet. Nach Angaben des israelischen Rundfunks wird das Parlament am kommenden Mittwoch über seine Selbstauflösung abstimmen.

Peres hatte die Partei in die Koalition geführt, um den im Likud-Block umstrittenen Abzug aus dem Gazastreifen durchzusetzen.

Peretz hat erklärt, mit dem Abschluss des Rückzugs sei der Grund für dieses Bündnis entfallen. Peres hatte dagegen in der Koalition bis zur nächsten turnusmäßigen Wahl in genau einem Jahr weiter für Friedensinitiativen arbeiten wollen.

Dramatischen Kopf-an-Kopf-Rennen

Parteisprecher Eitan Cabel erklärte Peretz nach einem dramatischen Kopf-an-Kopf-Rennen zum Sieger der Wahl, die damit eine Ära in der Parteigeschichte beenden und einen politischen Umbruch in Israel auslösen könnte.

Der 82-jährige Peres hat in seiner sechs Jahrzehnten umfassenden politischen Laufbahn immer wieder die Rückkehr aus der politischen Wüste geschafft, die Niederlage gegen Peretz könnte diesmal aber das Ende seiner Karriere bedeuten, sagte der politische Analyst Hanan Crystal.

Die Abstimmung vom Mittwoch brachte statt des prognostizierten klaren Siegs für den 82-jährigen Politik-Veteranen und Friedensnobelpreisträger ein dramatisches Kopf-an-Kopf-Rennen, in dessen Verlauf Peretz schließlich an Peres vorbeizog: Nach Auszählung fast aller Stimmen wurde sein Anteil mit 42 Prozent und der von Peres mit 40 Prozent angegeben. Ein dritter Kandidat, Binjamin Ben Elieser, kam auf weniger als 17 Prozent.

Betrugsverdacht

Peres äußerte noch während der Auszählung am frühen Morgen einen Betrugsverdacht. Cabel kündigte aber an, die Partei werde dennoch im Lauf des Donnerstags das offizielle Endergebnis bekannt geben.

Das lief auf eine Zurückweisung des Betrugsvorwurfs hinaus. Peretz will eine Rückbesinnung der Arbeitspartei auf ihre sozialistischen Wurzeln. Sie müsse sich mehr den wirtschaftlichen Problemen und der immer größer werdenden Kluft zwischen Arm und Reich widmen.

Der im Ausland hoch angesehene Peres gilt in seiner eigenen Partei als ewiger Verlierer: Er unterlag in fünf Ministerpräsidentenwahlen. Ihm wird vorgeworfen, keinen Draht zum Wähler zu haben.

© sueddeutsche.de/AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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