Übergriffe in Unterkünften:Schutzräume und Spielzimmer

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Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will ein polizeiliches Führungszeugnis für Helfer. (Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Familienministerin Schwesig und das Kinderhilfswerk Unicef versprechen mehr Hilfe für Flüchtlingskinder.

Von Korbinian Eisenberger, Berlin

Flüchtlingskinder sollen künftig besser geschützt werden. Das ist das Ziel von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig. Zusammen mit dem UN-Kinderhilfswerk Unicef will die SPD-Politikerin Maßnahmen zum Schutz vor Übergriffen und sexueller Gewalt gegen Minderjährige in Flüchtlingsunterkünften ergreifen. Demnach sollen Fachkräfte und Ehrenamtliche künftig verstärkt geschult und beraten werden. Zudem will Schwesig Erstaufnahmeeinrichtungen "kinderfreundlicher und geschlechtssensibel" gestalten, wie sie am Montag mitteilte.

Schwesig wies auf einen Bericht von Unicef hin, der Vergewaltigungen von Frauen, sexuelle Übergriffe sowie Gewalt gegen Kinder auch durch Personal und Helfer in deutschen Asylunterkünften beklagt. Dokumentiert seien zwar bisher nur Einzelfälle, sagte Schwesig. Sie gehe aber davon aus, dass die Dunkelziffer wesentlich höher liege. Dem Unicef-Bericht zufolge laufen Kinder und Frauen vor allem in Notunterkünften Gefahr, Opfer von Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung zu werden. In vielen Traglufthallen und Kasernen hätten Kinder zudem keinen Zugang zu Schulbildung und Freizeitaktivitäten. Aus Sicht des Hilfswerks ist es "noch nicht gelungen, den besonderen Bedürfnissen der ankommenden Kinder gerecht zu werden".

Von Januar an soll ein Team aus internationalen Experten und Unicef-Mitarbeitern in den Einrichtungen die Helfer beraten, wie sie Frauen und Kinder besser schützen können. Schwesigs Konzept sieht zudem ein 200 Millionen Euro schweres Förderprogramm vor. Davon sollen in Flüchtlingsunterkünften Schutzräume entstehen sowie Orte, in denen Kinder spielen und lernen können. "All das soll Kindern mit ihrer Fluchthistorie mehr Sicherheit und ein gutes Ankommen ermöglichen", sagte Unicef-Geschäftsführer Christian Schneider. Zudem solle dadurch die Chance auf "eine gelingende Integration in Deutschland" erhöht werden.

Schon Anfang Dezember hatte Schwesig einen besseren Schutz für Flüchtlingskinder angeregt, nachdem sich Nachrichten von sexuellen Übergriffen und Gewalttaten an Minderjährigen in Notunterkünften gehäuft hatten. Betroffen waren etwa eine der größten Asylunterkünfte im hessischen Gießen, die Bayernkaserne in München und eine Einrichtung in Düsseldorf. Schwesig hatte empfohlen, dass Menschen, die mit Kindern arbeiten, ein Führungszeugnis vorlegen müssen. Zudem plädierte sie für geschützte Duschen und abschließbare Toiletten, was in Notunterkünften bisher die Ausnahme ist.

Nach Schätzungen von Unicef sind von bundesweit derzeit einer Million Flüchtlinge etwa ein Drittel minderjährig. Danach habe die Bundesrepublik inzwischen genau so viele Kinder und Jugendliche aufgenommen wie Syriens Nachbarland Jordanien. Ein Großteil der Kinder stammt aus Bürgerkriegsregionen und hat bereits einschlägige Erfahrungen mit Gewalt und Übergriffen.

© SZ vom 15.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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