Türken in Deutschland:Unbequeme Fragen

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Bürgermeister oder Stadträte mit türkischen Wurzeln sorgen sich. Sie erleben, wie der Streit mit Erdoğan Familien, Vereine und Gemeinden spaltet. Im Auswärtigen Amt trafen 50 Kommunalpolitiker nun auf Außen- und Innenminister. Dabei gab es scharfe Kritik.

Von Stefan Braun

Die Befürchtungen sind groß - und sie sind überall die gleichen. Ob in Hamburg, Frankfurt oder Karlsruhe - in der ganzen Republik trifft man dieser Tage Menschen mit türkischen Wurzeln, die sich als Bürgermeister, Stadträte oder in Kreistagen um den Zusammenhalt in der Gesellschaft sorgen. Sie erleben hautnah, wie der scharfe Streit mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan Familien, Vereine und Gemeinden in Deutschland spaltet. Die Angst ist groß, dass jahrzehntelange Bemühungen um Integration zurückgeworfen werden. Ob sie für die Grünen, die CDU oder die SPD eintreten - all diese Kommunalpolitiker haben Angst, dass der Konflikt Wunden schlägt, die noch sehr lange viele Schmerzen bereiten werden.

Am Mittwoch sind etwa fünfzig von ihnen im Auswärtigen Amt zusammengekommen; sie haben im Gespräch mit Außenminister Sigmar Gabriel, Innenminister Thomas de Maizière und der Integrationsbeauftragten Aydan Özoğuz beklagt, wie gefährlich die Krise ist - für die türkischen Gemeinden, aber auch fürs Zusammenleben in Deutschland. Nicht wenige berichteten davon, wie die Anfeindungen von außen wieder zunähmen.

Eine von ihnen war die Grünen-Politikerin Hilime Arslaner aus Frankfurt. Sie wies auf einen sensiblen Punkt hin und übte Kritik an der Frage des Innenministers, wie loyal sie nach dem Streit zu Deutschland stünden. Arslaner antwortete, diese Frage zeige das ganze Dilemma: Mit ihr bewiesen Menschen wie der Minister, dass sie selbst engagierten Menschen bis heute nicht trauen würden. Eine klare Meinung hatte sie auch zur Frage, warum Erdoğans Einfluss bis heute so groß ist. Solange die deutsche Gesellschaft nicht bereit sei, genügend Geld für türkische Kulturfestivals und Sportvereine, für türkische Lehrer und Imame zur Verfügung zu stellen, werde Erdoğans Regierung das tun. "Wie heißt das deutsche Sprichwort? Wes Geld ich krieg, des Lied ich sing." So einfach sei es. Und so problematisch.

© SZ vom 30.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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