Türkei-Beitritt:Das Ende ist nah

Martin Schulz hat recht: Die Europäische Union sollte die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei schleunigst beenden.

Von Daniel Brössler

Die Geschichte der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ist noch nicht zu Ende, aber eine Pointe hat sie schon. Einst als Gegnerin einer Aufnahme der Türkei ins Amt gekommen, musste sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit einem Beitrittsprozess abfinden, den ihr Vorgänger Gerhard Schröder (SPD) ihr hinterlassen hatte. Nun ist es ausgerechnet ihr SPD-Herausforderer Martin Schulz, der sie zwingt, in einer Blitzaktion den Abbruch der Verhandlungen einzuleiten. Deutschlands Partner in der EU dürfen sich wundern.

Tatsächlich sieht es so aus, als würden die Deutschen die anderen wieder einmal vor vollendete Tatsachen stellen. Ganz so ist es aber nicht. Die Tatsachen hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan geschaffen. Er hat den Putschversuch missbraucht, um die Demokratie und den Rechtsstaat in der Türkei weitgehend abzuschaffen. Er hat Deutsche in Geiselhaft nehmen lassen. Er pöbelt gegen jene in der EU, auf deren Unterstützung er angewiesen wäre. Die Beitrittsverhandlungen hat er faktisch beendet.

Vor der Bevölkerung in Deutschland und anderen EU-Staaten lässt sich die Fortführung dieser Verhandlungen nicht mehr rechtfertigen. Nachdem Schulz sie mit einer totalen Wende der bisherigen SPD-Linie überrascht hatte, zieht auch Merkel vor, das nicht mehr länger zu versuchen. Andere Staats- und Regierungschefs werden es ihr nachtun.

© SZ vom 05.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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