Trumps Team:Torwächter und Vollstrecker

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Zwei gegensätzliche Männer werden dem künftigen Präsidenten zur Seite stehen: Stabschef Reince Priebus gilt als Mann, der mit allen kann, Berater Stephen Bannon als rabiater Rechter.

Von Hubert Wetzel, Washington

Es gibt in Washington eine Maßeinheit, mit der sich - jenseits von allen pompösen Titeln - das politische Gewicht einer Person messen lässt: Je näher das Büro dieser Person an dem des Präsidenten liegt, desto größer der Einfluss. Jeder Regierungsmitarbeiter würde daher eine Besenkammer im Weißen Haus einem großen Eckbüro in einem anderen, abseits gelegenen Verwaltungsgebäude vorziehen. In Washington gilt: Nähe ist Macht.

Insofern wird Reince Priebus in der Regierung von Präsident Donald Trump einer der einflussreichsten Mitarbeiter sein. Das Büro des künftigen Stabschefs liegt nur ein paar Schritte den Gang runter vom Oval Office entfernt.

Auch die Aufgabenfülle, die ein Stabschef hat, macht Priebus zu einem enorm wichtigen Mann. Der Chief of Staff ist, wenn man es auf deutsche Verhältnisse übertragen möchte, eine Art Mischung aus Kanzleramtsminister und Büroleiter. Er ist dafür zuständig, dass das politische Tagesgeschäft möglichst reibungslos funktioniert - dass der Präsident die Dinge weiß, die er wissen muss, und die Menschen trifft, die er treffen muss, um umfassend informiert zu sein und Entscheidungen treffen zu können. Und dann muss er darüber wachen, dass diese Entscheidungen von den Ministerien auch umgesetzt werden. Der Stabschef ist damit Torwächter und Vollstrecker des Präsidenten in einer Person. Damit lässt sich ein Zwölf-Stunden-Arbeitstag schon rumkriegen.

Reinhold Richard Priebus, genannt Reince, hat also etwas vor sich. Obwohl er erst 44 Jahre alt ist, hat der studierte Jurist bereits eine lange Karriere in der Republikanischen Partei hinter sich, interessanterweise in dem Bundesstaat Wisconsin, der in den vergangenen Jahrzehnten eine demokratische Bastion war. Am 8. November stimmte Wisconsin überraschend für Trump - das erste Mal seit 1988, dass dort ein Republikaner bei einer Präsidentenwahl gewann. Priebus hatte 2004 versucht, ein Abgeordnetenmandat in Wisconsin zu holen. Er verlor und entschied sich, lieber in der Partei etwas zu werden. 2007 wurde er Chef der Republikaner in Wisconsin, 2010 gelang der Partei dort ein beeindruckender Sieg bei der Regionalwahl, 2011 wurde Priebus zum Vorsitzenden der gesamten Partei gewählt.

Vom Vorsitzenden der Republikaner zum Stabschef des Präsidenten: Reince Priebus (rechts) mit Donald Trump. (Foto: Jim Watson/AFP)

Priebus gilt als ein Mann, der mit allen zurechtkommt, sowohl persönlich als auch politisch. In Washington ist er anerkannt und respektiert, vor allem bei den Republikanern im Kapitol. Das kann für Trump nur nützlich sein, denn sein Ruf im Parlament ist weniger gut, trotz der demonstrativen Einigkeit, die jetzt alle zeigen. Den konservativen Hardlinern ist er nicht ideologisch und konservativ genug; den (wenigen) moderaten Republikanern ist der neue Präsident hingegen nicht geheuer. Als Parteichef in Wisconsin hat Priebus diese beiden Flügel der Partei - die rechte Tea-Party-Bewegung und "das Establishment" - zu einer Zusammenarbeit gebracht. Und er sieht, dass die Republikaner aus demografischen Gründen langfristig nicht die Partei der weißen Kleinbürger bleiben können, auch wenn diese ihnen gerade einen großen Sieg geschenkt haben.

Zwischen Trump und Priebus lief es nicht immer rund. Doch der Parteichef war von allen ranghohen Republikanern wohl der, der auch in schwierigen Zeiten loyal zum Kandidaten der Partei hielt - ob aus Überzeugung oder Alternativlosigkeit sei dahingestellt. Er setzte den Parteiapparat für Trump in Bewegung und hat dadurch entscheidend zu dessen Sieg beigetragen.

Allerdings gibt es in Washington auch Leute, die raunen, Priebus sei auf Drängen von Paul Ryan Stabschef geworden. Ryan ist der Republikanerführer im Abgeordnetenhaus, der im Wahlkampf mit Trump immer wieder über Kreuz lag. Ryan verfolgt eine ehrgeizige, ideologische konservative Partei-Agenda und kann einen Verbündeten auf einem entscheidenden Posten im Weißen Haus gut gebrauchen. All das könnte bedeuten, dass Priebus eher Ryans Mann ist als ein Mann von Trump, der kein Ideologe ist. Das könnte Priebus' Einfluss schmälern, ihn aber auch schützen: Trump braucht jemanden wie ihn, wenn er mit dem Kongress zurechtkommen will.

Als wahrscheinlicher Gegenspieler von Priebus wird Stephen Bannon gesehen, der künftige Chefstratege Trumps. Er ist ein bissiger, harter, unversöhnlicher Rechtsaußen, ein Nationalist, der weißen, rassistischen Organisationen nahesteht und das republikanische Parteiestablishment - also Leute wie Ryan und Priebus - für schwach, korrupt und verräterisch hält. Dass er als Absolvent der Georgetown University und der Harvard Business School sowie als ehemaliger Goldman-Sachs-Mitarbeiter und Investmentbanker nicht eben als Außenseiter gelebt hat und reich geworden ist, ficht Bannon nicht an. Bis er zur Trump-Kampagne wechselte, war er mit seiner Website Breitbart News - "Trumps Prawda" genannt - der führende rechtspopulistische Publizist in den USA.

Trump ist bei einigen Themen von seiner Rhetorik aus dem Wahlkampf abgerückt

Im Weißen Haus wird Bannon offiziell keine operativen Befugnisse haben, sondern Trump nur Ratschläge geben. Er wird damit die Rolle spielen, die einst der berühmt-berüchtigte Stratege und Strippenzieher Karl Rove für Präsident George W. Bush spielte. Aber Rove stellte sicher, dass er den Titel eines Vizestabschefs hatte - was ihm dann eben doch Einfluss auf das Tagesgeschäft gab. Und: Sein Büro war zwar kleiner als das von Bushs Stabschefs, es war genaugenommen eine fensterlose Butze. Aber es lag noch einige Meter näher am Oval Office als das des Chief of Staff.

Unter den Washingtoner Politbeobachtern galt es am Montag als ausgemacht, dass Priebus und Bannon, der Pragmatiker des Regierungsalltags und der rechte Rebell, sich noch etliche Schlachten liefern werden. Trump ist bei einigen Themen bereits wieder von seiner extrem harten Rhetorik aus dem Wahlkampf abgerückt. Diese war nicht zuletzt von seinem Kampagnenchef Bannon geprägt. Aus der "wunderbaren", unüberwindlichen Mauer, die Trump zur Abwehr illegaler Einwanderer an der Grenze zu Mexiko bauen will, ist ein Zaun geworden, wie es ihn an vielen Stellen schon gibt. Einige populäre Aspekte der bei Republikanern verhassten Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama will Trump womöglich erhalten. Vom Rauswurf sämtlicher illegaler Einwanderer ist nicht mehr die Rede, ebenso wenig von der Ernennung eines Sonderermittlers, der gegen die unterlegene Demokratin Hillary Clinton vorgehen soll.

Auch das Versprechen, "den Sumpf in Washington trockenzulegen", hat man von Trump nicht mehr gehört, seit ihm klar ist, dass er in diesem "Sumpf" bald regieren wird müssen. Ob das überlegte Kurswechsel sind oder nur die für Trump typischen Zick-Zack-Fahrten, lässt sich derzeit freilich kaum sagen.

© SZ vom 15.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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