Transparenzgesetze:Gläserne Behörden gibt's nicht überall

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Beim ersten bundesweiten Transparenz-Ranking lobt der Verein "Mehr Demokratie" Hamburg und rügt vier andere Länder.

In Hamburg steht ein gläsernes Rathaus. Zumindest im übertragenen Sinne. Denn die Hansestadt wird nun bundesweit als Vorreiter beim Thema Transparenz gelobt. Als bislang einziges Bundesland hat der Stadtstaat ein Transparenzgesetz. Es verpflichte die Behörden, wichtige Daten eigenständig und kostenlos zu veröffentlichen, erklärten die Vereine "Mehr Demokratie" und "Open Knowledge Foundation" am Donnerstag in Berlin bei der Vorstellung ihres ersten bundesweiten Transparenz-Rankings. Hamburg erreichte mit 69 von 100 möglichen Punkten dabei den ersten Platz. Bürger müssten oft nicht mehr umständlich Auskunftsanfragen stellen, sondern fänden fast alle wichtigen Informationen in einem eigens eingerichteten Internetportal. Online gestellt seien hier etwa Gutachten, Senatsbeschlüsse und Verträge ab 100 000 Euro, die die Daseinsvorsorge betreffen.

Zwölf der 16 Bundesländer verfügen laut Ranking derzeit zumindest über Informationsfreiheitsgesetze. Dadurch sind Behörden verpflichtet, auf Antrag von Privatpersonen, Journalisten, Unternehmen oder anderen Interessenten Daten herauszugeben. Während das Transparenzgesetz also eine generelle Veröffentlichungspflicht der Behörden vorsieht, geht es beim Informationsfreiheitsgesetz um die Herausgabe von Informationen auf Antrag. Ein möglichst umfassender Zugang zu Behörden-Informationen oder Daten sei zur Stärkung der Demokratie nötig, betonte der Bundesvorstandssprecher von "Mehr Demokratie", Ralf-Uwe Beck. Nur dadurch könnten sich die Bürger eine eigene Meinung zur Arbeit der Behörden bilden und diese gegebenenfalls kritisch bewerten.

Trotz Gesetz: Einsicht in die Abituraufgaben vor der Prüfung werden abgelehnt

Hinter Hamburg folgten Schleswig-Holstein, Bremen und Berlin, die ihren Bürgern ebenfalls weitgehende Informationsrechte einräumten und nur wenige Ausnahmen zuließen, hieß es. Die weiteren Plätze belegten Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Baden-Württemberg, das Saarland und Thüringen teilten sich gemeinsam Platz zehn, sagte Arne Semsrott, Leiter des Projektes "Frag den Staat" bei der "Open Knowledge Foundation". So müssten die Behörden in Baden-Württemberg nur bestimmte Informationen von sich aus veröffentlichen. Für das Saarland gab es Minuspunkte wegen eingeschränkter Informationsrechte und für erhobene Gebühren. In Thüringen seien die Informationsrechte bislang ebenfalls unzureichend geregelt. Die Schlusslichter beim Thema Transparenz seien Bayern, Hessen, Niedersachsen und Sachsen. "Keines dieser vier Bundesländer hat ein Informationsfreiheitsgesetz", so Beck.

Allerdings wird auch mit dem Gesetz längst nicht jede Anfrage von den Behörden beantwortet, wie Beispiele aus Nordrhein-Westfalen zeigen. Ein Abiturient aus Münster wollte vor der Prüfung Einsicht in seine Abituraufgaben bekommen. Das Ministerium lehnte ab. Kein Durchkommen gab es 2015 auch für einen Anwalt: Er wollte alle Telefondurchwahlen zu den einzelnen Richtern an einem Verwaltungsgericht haben. Das OVG Münster entschied: Unangemeldete Anrufe könnten Richter nachhaltig in ihrer Arbeit stören.

© SZ vom 03.03.2017 / epd, dpa, SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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