Trainieren für Olympia:Der Pandabär

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Der Panda ist in China nicht nur eine Zigarettenmarke und ein Computervirus, sondern auch ein lebender Nationalschatz. Als solcher schuftet er für den Ruhm von Nation und Partei - veralbern verboten!

Kai Strittmatter

XIONG MAO - Der Große Panda

(Foto: N/A)

1. Als Markenname u. a. ein Toaster, ein Fernseher, eine Austernsoße und eine Zigarettensorte.

2. Als Panda mit den Räucherstäbchen schlimmster Computervirus des Jahres 2007 in China (→ trojanischer P.). Sein Schöpfer Li Jun muss für vier Jahre ins Gefängnis.

3. Bambus fressender chinesischer → Nationalschatz. Als solcher sitzt der Panda selbst hinter Gittern, vor allem in den Zuchtstationen Chengdu und Wolong in der chinesischen Provinz Sichuan. Wildlebende Pandas gibt es heute noch rund 1600, sie leben in den dicht bewaldeten Berghängen der Provinzen Sichuan, Gansu und Shanxi, doch lässt ihnen der Mensch nur mehr ein Territorium von weniger als 6000 Quadratkilometern, nicht viel für die Einzelgänger, die jeder für sich ein Revier von vier bis sechs Quadratkilometer verteidigen.

Für die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua (Neues China), ist der Panda "ein so einzigartiges Symbol Chinas wie die Große Mauer". Die Kommunistische Partei fühlt sich zum Xiongmao (wörtlich: Bärenkatze) besonders hingezogen, ist er doch ebenso unfruchtbar und ebenso vom Aussterben bedroht. Vor allem aber ist er so niedlich wie sie selbst gerne wäre.

Auch deshalb hat die → Panda-Diplomatie längst die Ping-Pong-Diplomatie abgelöst. 24 Große Pandas mit Namen wie "Schätzchen", "Himmelchen" und "Sonnenschein" schickte die Regierung schon als Botschafter in die Welt hinaus. Und der abtrünnigen Inselrepublik Taiwan möchte man ein Pärchen schenken, dessen Namen Tuantuan und Yingying zusammen das Wort "Wiedervereinigung" ergeben. Taiwan hat abgelehnt.

Außer der Spaltung des Vaterlandes fürchtet der Große Panda eigentlich nur die Bambusblüte, die ihn alle paar Jahrzehnte einmal seiner Nahrung beraubt. Weil er aber auch sonst vor lauter Fressen gerne das Fortpflanzen vergisst, besorgen das die Chinesen für ihn. In den Zuchtstationen von Chengdu und Wolong haben sie mit Hilfe künstlicher Befruchtung schon mehr als 200 Pandababys zur Welt gebracht, mittlerweile sind es zwanzig im Jahr. Diese Pandas sind "keine einfachen Wildtiere", wie der Vizechef des Chengduer Volkskongesses, Qu Ying, stolz zu Protokoll gab. Sondern? "Eine Ressource, eine Industrie".

Wie hart der Große Panda für den Ruhm der Nation arbeitet, davon legen die Titelzeilen der staatlichen Presse Zeugnis ab: "Pandas arbeiten Überstunden für Urlaubermassen" (Xinhua, 8. Mai 2007), "Pandababys feiern die Rückkehr Hongkongs nach China" (21. Juni 2007). Mittlerweile machen die Behörden selbst den Pandamist zu Geld: Seit Juli stellt eine Firma in Chengdu aus sterilisiertem und weiterverarbeitetem Pandadung - größtenteils ist das Bambuspulpe - Lesezeichen und Fächer her.

Außer vor sich selbst muss man den Panda vor allem vor Zhao Bandi schützen, jenem Pekinger Künstler, der mit seinen Pandasatiren auch schon die Biennale in Venedig beehrte. Zhao Bandi veranstaltete im November eine Panda-Modenschau. Er widmete seine 33 Entwürfe Chinas neuen sozialen Klassen. Da spazierten nicht nur ein Olympia-Goldmedaillengewinner mit Panda-Augenringen und Panda-Heiligenschein den Laufstieg hinab, sondern auch eine Panda-Mätresse und eine leichtbekleidete Panda-Nutte.

Die Panda-Kader in Chengdu fanden das nicht zum Lachen. "Moralische Verurteilung scheint mir eine schwache Strafe zu sein für missbräuchliche Aktivitäten rund um den Großen Panda", schimpft ein Beamter in Chengdu. Das findet Xinhua auch: Zhao Bandi habe "das anständige Bild des Pandas als freundliches und süßes Symbol" in den Schmutz gezogen. Nun arbeiten sie in Chengdu an einem Gesetz gegen die "Beleidigung und Ausnutzung" von Pandas. Wirklich.

Und Pandamann Zhao Bandi? Der hat einen Volltreffer gelandet. Er sagt: "In erster Linie bin ich Mensch. Warum dürfen wir hier in China eigentlich die Menschen nicht genauso lieben wie die Pandas?"

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