Tokio 2020:In der Nische

Dass das öffentlich-rechtliche Fernsehen die nächsten Olympischen Spiele nicht übertragen wird, macht nichts.

Von Thomas Kistner

Olympische Spiele wandern in den Privatsender Eurosport ab? Was dramatisch klingt, ist eigentlich kaum noch ein Problem. Denn die Spiele sind eh nur mehr Momentaufnahme, eine Illusion fürs Publikum: In Zeiten massivsten Dopings durch einzelne Athleten und ganze Staaten steht erst Jahre später fest, wer welche Medaille gewonnen hat.

Gerade rückt die Hochsprung-Siebte von Peking 2008, Ariane Friedrich, auf Rang vier, bei Dopingnachtests flogen drei der Damen vor ihr als Betrügerinnen auf. Noch so ein Pröbchen, und Deutschland hat Bronze. Die Vierte im Gewichtheben von London 2012, Lidia Valentin, kriegt Gold nun per Post nach Spanien geschickt. All das schreckt die Leute ab. Es passt nicht zu den schönen Bildern. Wie der Fußball rudert Olympia im Sumpf aus Betrug und Korruption; Strafbehörden in aller Welt ermitteln. Aber die Spiele versprechen weiterhin einen gesellschaftspolitischen Mehrwert. Der steckt in den hehren Prinzipien, die der olympische Eid umfasst: Fairplay, Gleichheit, Erziehung etc. Olympia braucht diese Strahlkraft.

Dass das opulente olympische Märchen in der Realität damit nichts mehr zu tun hat, das merkt nun auch das Publikum. Immer weniger Menschen wollen das Sportfest noch in der eigenen Stadt haben. Wenn die Olympischen Spiele gerade jetzt im Spartensender landen, wird das ihren Bedeutungsverlust hierzulande nur beschleunigen.

© SZ vom 29.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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