Tibet-Konflikt:Merkel will Dalai Lama wieder treffen

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China hat im Tibet-Konflikt vor einer Spaltung des Landes gewarnt - und vor jeder Einmischung des Auslands. Doch Bundestagspräsident Lammert widersetzt sich dem Drängen Chinas und auch Bundeskanzlerin Merkel will den Dalai Lama wiedersehen.

Kanzlerin Angela Merkel will trotz aller Proteste aus China wieder mit dem Dalai Lama zusammentreffen. Bei dem nächsten Deutschlandbesuch des Oberhaupts der Tibeter im Mai ist die Kanzlerin zwar in Lateinamerika. "Aber ich werde sicherlich zu einem späteren Zeitpunkt wieder einmal mit dem Dalai Lama zusammentreffen", sagte Merkel der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Trafen sich im vergangenen September: Angela Merkel und der Dalai Lama (Foto: Foto: dpa)

Sie verteidigte den Empfang des Friedensnobelpreisträgers im Bundeskanzleramt im vergangenen September. "Mein Empfang des Dalai Lama und der Umgang Chinas mit ihm sind zunächst zwei unterschiedliche Dinge", sagte Merkel. "Aber beide führen dazu, wie wir mit der Einhaltung oder Missachtung der Menschenrechte umgehen, und hier ist die Haltung Deutschlands eindeutig, wozu auch ein Empfang des Dalai Lama gehört."

Der geplante Besuch des Dalai Lama in Deutschland führt laut Spiegel wieder zu einer Verhärtung im deutsch-chinesischen Verhältnis. Derzeit widersetze sich Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) dem Drängen der chinesischen Führung, sein geplantes Treffen mit dem Friedensnobelpreisträger abzusagen. Es habe Interventionen von Mitarbeitern der chinesischen Botschaft in Berlin und ein einstündiges Gespräch mit dem Botschafter selbst gegeben.

Lammert habe sich daraufhin in einem Schreiben an Botschafter Ma Canrong gegen den Druck verwahrt. Dabei habe er auch seine Sorge über die "aktuelle Situation nicht nur in Tibet, sondern auch in anderen Teilen Chinas" ausgedrückt.

Der chinesische Staats- und Parteichef Hu Jintao wies unterdessen Forderungen westlicher Politiker nach einem Dialog mit dem Dalai Lama entschieden zurück. Der Volkskongress in Peking warf dem Europaparlament "arrogante Einmischung" in die inneren Angelegenheiten des Landes vor. Der Volkskongress erklärte, die "unbegründete" Kritik des Europaparlaments an Pekings Tibet-Politik werde "die chinesisch- europäischen Beziehungen belasten".

Die Europaparlamentarier hatten am Donnerstag das Vorgehen chinesischer Sicherheitskräfte in Tibet scharf verurteilt. Die EU sollte sich einen Boykott der Feier offenhalten, falls China nicht mit dem Dalai Lama Gespräche führe.

In der in Peking veröffentlichten Erklärung hieß es nun, das Europaparlament dürfe die Gefühle des chinesischen Volkes nie wieder verletzen. Die Parlamentarier hätten den Geist der Olympischen Charta verletzt und die Spiele politisiert.

Staats- und Parteichef Hu Jintao warf dem Dalai Lama, dem religiösen Oberhaupt der Tibeter, vor, "Gewalt anzustacheln" und die Olympischen Spiele in Peking "sabotieren" zu wollen.

Nach Angaben der chinesische Nachrichtenagentur Xinhua erklärte Hu bei einem Treffen mit Australiens Premierminister Kevin Rudd, der Dalai Lama müsse erst seinen Kampf für eine Unabhängigkeit Tibets und eine "Spaltung des Vaterlandes" aufgeben sowie der Gewalt abschwören. Dann sei die chinesische Führung zu Gesprächen bereit. Der Dalai Lama hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, dass er weder eine vollständige Unabhängigkeit für Tibet anstrebe, noch rufe er zur Gewalt auf.

Westliche Politiker hatten China nach den jüngsten Unruhen in Tibet mehrfach zu Gesprächen mit dem Dalai Lama aufgerufen. Zuletzt hatten US-Außenministerin Condoleezza Rice und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier Peking am Freitag aufgefordert, den Dialog mit Vertretern des religiösen Oberhaupts der Tibeter zu suchen und so zu einer Beruhigung der Lage in Tibet beizutragen.

Zur Diskussion um die Vergabe der Olympischen Spiele an Peking und über einen Boykott sagte Steinmeier dem Nachrichtensender n-tv: "Es mag sein, dass wir über die Vergabe von sportlichen Großereignissen neu nachdenken müssen. Nur wir dürfen uns jetzt auch nicht gleich vom Acker machen."

Anders als zuvor in Paris, London oder San Francisco rief das olympische Feuer beim Fackellauf in Buenos Aires nur wenige Kritiker der chinesischen Menschenrechtspolitik auf den Plan. Eine Handvoll Demonstranten, meist Anhänger der in China verbotenen Kultgemeinschaft Falun Gong, protestierten gegen die Olympischen Spiele in Peking. Sie trugen Transparente, auf denen die Unterdrückung der Glaubensfreiheit angeprangert wurde und dem Regime in Peking Folter und Mord vorgeworfen wurden.

Der Lauf durch Buenos Aires drohte mehrmals an den vielen Schaulustigen zu scheitern, die die Straßen der Innenstadt verstopften. Das Feuer kam so langsamer als geplant voran. Der Vize- Präsident des Organisationskomitees der Olympischen Spiele in Peking, Liu Jingmin, dankte dem "ganz liebenswürdigen" argentinischen Volk für die Gastfreundschaft.

Das Feuer war über Nacht an einem geheimen Ort in Buenos Aires aufbewahrt worden. Die Behörden hatten mehr als 5000 Polizisten und Ordner mobilisiert, um einen reibungslosen Ablauf des Laufs zu garantieren. Ein derartiges Aufgebot an Polizisten für ein sportliches Ereignis war zuletzt während der Militärdiktatur 1978 zur Fußball-WM in Argentinien im Einsatz. Das Feuer war am Vortag von San Francisco kommend in Buenos Aires eingetroffen. An diesem Sonntag wird es in der tansanischen Metropole Daressalam erwartet.

© dpa/AFP/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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