Thessaloniki:EU will schärfere Asylpolitik

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"Schritt für Schritt erarbeiten wir eine gemeinsame Immigrationspolitik", sagte der EU-Ratspräsident Kostas Simitis. Heute wollen Staats- und Regierungschefs der EU den Verhandlungsverlauf für die europäische Verfassung festlegen.

Nach dem bereits vorliegenden Beschlussentwurf sollen die Gespräche über die europäische Verfassung auf höchster Ebene geführt werden und im Oktober beginnen. Grundlage ist der Textentwurf des Verfassungskonvents, dessen Präsident Valéry Giscard d'Estaing am Morgen Gast des Gipfels in der Nähe der griechischen Stadt Thessaloniki ist.

Die erste EU-Verfassung überhaupt regelt unter anderem das Machtverhältnis zwischen den EU-Regierungen, dem Europäischen Parlament und der Brüsseler EU-Kommission. Die Unterzeichnung ist nach Angaben des italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi für Anfang Mai 2004 in Rom geplant, wo 1957 mit den Römischen Verträgen die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gegründet worden war.

Gewalt als legitimes Mittel

Außenpolitische Themen sind ein weiterer Schwerpunkt des Gipfeltreffens. Unter anderem wollen die Staats- und Regierungschefs über ein sicherheitspolitisches Grundsatzpapier diskutieren, das der außenpolitische Beauftragte Javier Solana am Vorabend schon den Außenministern erläutert hat. Damit will die EU ihren Einfluss beim weltweiten Krisenmanagement vergrößern.

In Solanas Text, für den breite Zustimmung erwartet wird, wird auch die Anwendung von Gewalt als Möglichkeit zur Herstellung von Frieden und Sicherheit aufgeführt. Die EU will aber auch auf zivile Mittel setzen, etwa durch die Stärkung internationaler Organisationen. Als größte Gefahr wird genannt, dass Terroristen in den Besitz von Massenvernichtungswaffen gelangen könnten.

Keine Transitlager außerhalb der EU

Das Gipfeltreffen hatte am Donnerstagabend begonnen. Erster Tagesordnungspunkt war die Asyl- und Einwanderungspolitik. Dabei zog Großbritanniens Premierminister Tony Blair den Vorschlag für Pilotprojekte mit Asyllagern außerhalb der EU-Grenzen zurück. In der Sitzung hatten mehrere Staats- und Regierungschefs ihre Vorbehalte gegen die britische Idee geäußert, berichtete der zuständige EU- Kommissar Antonio Vitorino.

In deutschen Regierungskreisen waren schon im Vorfeld des Gipfels "erhebliche Zweifel" an dem Projekt angemeldet worden. Nach Ansicht von Flüchtlingsorganisationen verstößt es gegen die Genfer Flüchtlingskonvention. Die Kommission prüft nach dessen Angaben aber weiterhin, wie Asylbewerber schon in ihren Herkunftsländern Asylanträge bei EU-Botschaften einreichen könnten.

140 Millionen für "sichere Grenzen"

Die EU-Chefs stellten bis zu 140 Millionen Euro für die Datenbank VIS sowie für die Rückführung von illegalen Einwanderern und für gemeinsame Grenzkontrollen bereit. VIS soll unter anderem mit Hilfe von biometrischen Daten wie digitalen Fingerabdrücken den Betrug bei Einreisegenehmigungen bekämpfen. Das System soll laut Ferrero-Waldner im Herbst ausgeschrieben werden.

"Schritt für Schritt erarbeiten wir eine Immigrationspolitik, die sowohl die illegale wie die legale Einwanderung betrifft", sagte der EU-Ratspräsident und griechische Regierungschefs Kostas Simitis am Donnerstagabend. Simitis kündigte zudem an, die Europäische Union wolle Probleme mit Flüchtlingsströmen stärker zum Thema für ihre Beziehungen mit anderen Staaten machen.

Er sagte, die Zusammenarbeit so genannter Drittstaaten bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung sei nicht immer so, wie sie sein sollte. Deshalb würde diese Frage jetzt in den Außenbeziehungen der EU überprüft und die Verhältnisse zu solchen Ländern neu bewertet. Die Union will in den nächsten Jahren 250 Millionen Euro für diese Zusammenarbeit und für die Rückführung von Flüchtlingen aufwenden.

10.000 demonstrieren gegen die EU-Politik

In Thessaloniki demonstrierten am Donnerstag rund zehntausend Menschen gegen den Gipfel. "Solidarität mit den Einwanderern, keine Grenzen, kein Rassismus", riefen die Demonstranten. Aus Furcht vor gewaltsamen Auseinandersetzungen waren viele Läden in der Stadt verrammelt, vor allem Filialen von US-Ketten.

(sueddeutsche.de/dpa/AFP)

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