Thailand:Weltweite Besorgnis über Militärputsch

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Die EU fordert nach dem Putsch die Rückkehr zur Demokratie. General Sonthi Boonyaratglin sagt, die Regierung sei gestürzt worden, um die nationale Einheit zu wahren - und versichert, die Macht so schnell wie möglich dem Volk zurückgeben zu wollen.

Der Militärputsch in Thailand hat bei Regierungen in aller Welt Besorgnis ausgelöst. Die EU und Neuseeland forderten eine schnelle Wiederherstellung der demokratischen Ordnung.

Soldat, mit Blumen dekorierter Panzer in Bangkok: "Eine beispiellose Kluft in der Gesellschaft" (Foto: Foto: Reuters)

Die US-Regierung will vor einer offiziellen Einschätzung der Ereignisse aber erst die weitere Entwicklung abwarten.

Mehrere Regierungen mahnten ihre Bürger, bei Reisen nach Thailand besonders vorsichtig zu sein.

Der finnische Ministerpräsident Matti Vanhanen, dessen Land derzeit die EU-Präsidentschaft innehat, sagte, die Ereignisse in Bangkok gäben Anlass zu großer Sorge.

Die US-Regierung äußerte sich zurückhaltend. "Wir wollen erst sehen, was die Streitkräfte vorhaben", sagte am Dienstag der Staatssekretär im US-Außenministerium, Christopher Hill.

Nach seinem Putsch gegen den Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra hat das thailändische Militär ein landesweites Versammlungsverbot sowie eine strenge Zensur sämtlicher Medien verhängt. Die Regierung sei gestürzt worden, um die nationale Einheit des Landes zu wahren, sagte Putschführer Sonthi Boonyaratglin am Mittwoch in einer Fernsehansprache. Das Militär habe jedoch nicht vor, dauerhaft zu regieren, sondern wolle "die Macht so schnell wie möglich dem Volk zurückgeben".

Die EU forderte Thailand zur Rückkehr zur Demokratie auf. Das Auswärtige Amt riet Touristen vor Ort, das Menschenansammlungen und das Regierungsviertel in Bangkok zu meiden. "Wir haben die Macht übernommen. Die Verfassung, der Senat, das Repräsentantenhaus, das Kabinett und das Verfassungsgericht sind alle abgesetzt worden", sagte Sonthi in seiner Fernsehansprache. Der Putsch sei wegen der politischen Unruhen in jüngster Zeit notwendig geworden. Die Regierung Thaksin habe "eine beispiellose Kluft in der Gesellschaft verursacht hat, ebenso wie weitverbreitete Korruption und Vetternwirtschaft".

BBC und CNN sind nicht mehr zu empfangen

Sie habe zudem wiederholt König Bhumibol Adulyadej beleidigt. Das Militär habe die Macht übernommen, um die Lage unter Kontrolle zu bringen und das Land zu einen. Das Militär untersagte im ganzen Land Versammlungen mit mehr als fünf Personen. Wer dagegen verstoße, könne mit bis zu sechs Monaten Gefängnis bestraft werden, hieß es in einer Erklärung, die am Mittwoch im Fernsehen verlesen wurde. Sowohl für thailändische als auch für ausländische Medien wurde eine strikte Zensur verhängt.

Das Kommunikationsministerium habe das Recht, "Desinformationen" über die Militärregierung zu unterbinden, hieß es in der Erklärung weiter. Die Medien wurden aufgerufen, "ehrlich und konstruktiv" zu berichten. Wenige Stunden nach dem Putsch waren internationale Nachrichtensender wie der US-Sender CNN und der britische Rundfunksender BBC nicht mehr zu empfangen gewesen. Unklar war, ob die Ausstrahlung unterbunden wurde.

Nach Angaben eines Sprechers übernahm Sonthi mittlerweile die Macht in Thailand. Am Dienstagabend war er gemeinsam mit Führungskräften der Marine und Luftwaffe von König Bhumibol empfangen worden. Sonthi gilt als Vertrauter des Monarchen. Der 59-Jährige war im vergangenen Jahr als erster Moslem zum Oberbefehlshaber der thailändischen Armee ernannt worden. Beobachter sahen darin auch einen Versuch der Regierung, den Aufstand im moslemisch geprägten Süden des Landes in den Griff zu bekommen.

In jüngster Zeit hatte der Armeechef wiederholt Regierungschef Thaksin öffentlich kritisiert. Nachdem im August Attentatspläne gegen den Ministerpräsidenten bekannt geworden waren, war Sonthi jedoch auch selbst in die Kritik geraten. UN-Generalsekretär Kofi Annan kritisierte den Putsch und rief die thailändische Bevölkerung dazu auf, "ruhig zu bleiben". Im vergangenen Jahrzehnt sei unter der Führung des Königs in Thailand "eine stabile Demokratie" entstanden, sagte Annan am Dienstag dem US-Nachrichtensender CNN. Er sei überzeugt, dass das Land so bald wie möglich zu seinem demokratischen System zurückkehren werde.

Der Regierungschef verfolgte den Umsturz im Hotelzimmer

Mehrere enge Vertraute des Ministerpräsidenten wurden unterdessen festgenommen. Der stellvertretende Regierungschef und Justizminister Chidchai Vanasathidya werde im Hauptquartier der Armee festgehalten, sagten Militärvertreter der Nachrichtenagentur AFP. Auch Thaksins Büroleiter Prommin Lertsuridej und sein Schwager Somchai Wongsawat seien festgesetzt worden. Das Militär hatte am Dienstag gegen Ministerpräsident Thaksin geputscht, während sich dieser zur UN-Vollversammlung in den USA aufhielt.

Der Regierungschef verfolgte den Umsturz offenbar in seinem Hotelzimmer in New York. Seine Rede vor den Vereinten Nationen sagte er ab. Der thailändische Botschafter in Washington, Virasakdi Futrakul, sagte, Thaksins Abreise aus New York stehe kurz bevor. Das Ziel sei nicht klar. Ein Großteil der thailändischen Delegation, die mit dem Ministerpräsidenten angereist war, verließ New York am Dienstag.

Thaksin blieb vorerst mit seinem Beraterstab im Hotel zurück. Seine Ehefrau Potjaman war ebenfalls am Dienstag aus Bangkok nach Singapur gereist. Die Familie besitzt eine Residenz in London, wo eine von Thaksins Töchtern studiert.

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