Terrorismus:CIA vernichtet Al-Qaida-Verhörbänder

Lesezeit: 3 min

In der Terror-Bekämpfung kennt die CIA keine Skrupel. Der US-Geheimdienst soll nach Informationen der New York Times Videos von Verhören mit Al-Qaida-Terroristen vernichtet haben, um ihre Agenten zu schützen.

Helena Kysela

Der US-Geheimdienst hat im Jahr 2005 Videobänder mit Verhören von mutmaßlichen Al-Qaida-Terroristen vernichtet. Bei diesen Befragungen sollen die Agenten auch harte Methoden angewandt haben. Diese Videos könnten den Mitarbeiter des Geheimdienstes rechtliche Problemen bereiten und wurden deswegen zerstört, meldet die New York Times unter Berufung auf CIA-Beamte.

CIA-Zentrale in Langley: Aus Angst vor Racheakten von al-Qaida wurden die Bänder vernichtet. (Foto: Foto: dpa)

Die Videos stammen aus dem Jahr 2002 und sollen unter anderem das Verhör von dem hochrangigen Al-Qaida-Mitglied und Osama-Bin-Laden-Vertrauten Abu Subaidah zeigen, dem ersten Al-Qaida-Häftling in CIA-Gewahrsam überhaupt.

Laut New York Times erklärte CIA-Chef Michael Hayden seinen Mitarbeitern in einer Stellungnahme, dass die Bänder zerstört wurden, weil sie ein "Sicherheitsrisiko" für die Geheimagenten und ihre Familien darstellten.

Bei einer Veröffentlichung wurden Racheakte von al-Qaida und ihren Sympathisanten befürchtet. Die Entscheidung darüber sei "innerhalb der CIA" gefallen, außerdem hätten die Aufnahmen keinen Wert mehr für den Geheimdienst.

Der Vorgang wirft die Frage auf, ob der US-Geheimdienst Informationen zu den Methoden vorenthalten hat, auf die der Kongress, die Justiz und die Untersuchungskommission zu den Terroranschlägen vom 11. September 2001 Anspruch hatten.

Die Bänder wurden in November 2005 vernichtet, auf Anweisung des damaligen Leiters der Abteilung für Geheimoperationen Jose A. Rodriguez. Zuvor hatte das US-Justizministerium einem Bundesrichter zum Prozess von Al Zacarias Moussaoui mitgeteilt, die CIA besitze keine Videoaufzeichnungen von Verhören.

Diese Enthüllung wird die Debatte um die CIA-Verhörmethoden erneut anheizen. Das Repräsentantenhaus und der Senat haben sich gerade darauf geeinigt, umstrittene Foltermethoden wie das "Waterboarding", bei dem Ertrinken simuliert wird, oder den Einsatz von Hunden für alle US-Behörden, zu verbieten. Das Gesetz muss noch von beiden Häusern des Kongresses verabschiedet werden.

Tony Fratto, der Sprecher des Weißen Hauses hat laut Washington Post schon davor gewarnt, dass Präsident Bush bei ähnlichen Gesetzesinitiativen in der Vergangenheit mit einem Veto gedroht habe.

Der genaue Inhalt der gelöschten Videos ist unklar. Laut Washington Post haben vertraute Regierungsvertreter erklärt, dass es sich bei den Aufnahmen um eine "raue Befragung" von mehreren Stunden beider Häftlinge handele. In der Vergangenheit wurde mehrfach berichtet, dass Geheimagenten bei der Befragung von Subaidah keine sanfte Methoden benutzt hätten.

Das Verhörprgramm für die Befragung von Terrorverdächtigen wurde im März 2002 nach der Verhaftung von Abu Subaidah eingeführt. Bei seiner Festnahme erlitt der Al-Qaida-Vertraute eine schwere Schussverletzung. Laut Hayden wurde der Häftling später aufsässig und ausweichend, wodurch die Entscheidung für härtere Methoden getroffen wurde. Die Verhöre wurden seit 2002 auch nicht mehr gefilmt.

In einer Rede hat Präsident Bush im vergangenen Jahr behauptet, dass die Informationen von Abu Subaidah zur Festnahme von Khalid Seikh Mohammed 2003 beigetragen haben. Er soll hinter den Anschlägen vom 11. September stecken. CIA-Chef Hayden hat außerdem erklärt, dass die Informationen aus den Verhören die beste Quelle für den Geheimdienst über Al-Qaida-Operationen sei.

CIA-Direktor Hayden behauptet weiter in seiner Erklärung, dass führende Kongressabgeordnete über die Zerstörung der Aufnahmen vorab informiert worden seien. Die Mitglieder im Geheimdienstauschusses des Repräsentantenhauses haben dies gegenüber der New York Times bestritten.

Ein Sprecher des Republikaners Peter Hoekstra, der Vorsitzende des Ausschusses zwischen 2004 und 2006, sagte, Hoekstra sei "niemals über die Existenz der Bänder informiert oder darauf hingewiesen worden, dass sie vernichtet werden sollten".

Die demokratische Abgeordnete Jane Harman, Mitglied des Ausschusses zwischen 2002 und 2006 erklärte, sie habe CIA-Mitarbeitern vor einigen Jahren gesagt, dass das Zerstören von aufgezeichneten Verhören eine "schlechte Idee" wäre. "Wie um alles in der Welt konnte die CIA behaupten, dass diese Bänder für eine parlamentarische Untersuchung nicht relevant wären?" fragte Harman in der New York Times. Sie ist der Meinung, dass der US-Geheimdienst kein separates Verhörprogramm betreiben sollte.

Der Demokrat John Rockefeller, Vorsitzende des Senatsausschusses für Geheimdienste, kritisierte ebenfalls das Vorgehen der CIA. Er forderte eine umfassende Aufklärung über die Motive der Zerstörung der Bänder. Zudem müsse geklärt werden, inwieweit der Kongress und zuständige Gerichte über den Inhalt informiert waren.

Rockefeller bemängelte, dass sein Ausschuss erst im November 2006 von der Zerstörung unterrichtet worden sei. Außerdem habe die CIA dem Komitee bislang nur "sehr begrenzte Auskünfte" über die Existenz der Bänder gegeben. Das Gremium war zudem nicht eingebunden in die Entscheidung, die Bänder zu vernichten.

Die Bürgerrechtsvereinigung ACLU warf der CIA vor, mutwillig Beweismaterial zerstört zu haben, "um ihre Agenten vor strafrechtlicher Verfolgung wegen Folter zu schützen". Dies sei Teil eines "weitreichenden Schemas", mit dem die Regierung in der Terrorabwehr ihre Macht missbrauche.

Die New York Times hatte im Oktober berichtet, Hayden habe eine Untersuchung der Arbeit des internen Generalinspekteurs der CIA, John Helgerson, angeordnet, nachdem dieser Berichten über Folter in Verhören nachgegangen war. Helgerson hatte zuvor einen Bericht über die Versäumnisse der US-Geheimdienste im Vorfeld der Anschläge vom 11. September vorgelegt und damit zahlreiche Geheimdienstmitarbeiter verärgert.

© sueddeutsche.de/AFP/hmk/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: