Terror-Verdächtige:Ernüchterung in London, Aufatmen in Toronto

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Während die Polizei in Toronto offenbar einen schweren Anschlag vereitelt hat, hat die fast zeitgleiche Terror-Razzia in London keine schlagkräftigen Beweise gebracht. Die Anwältin eines der Verdächtigen erhebt schwere Vorwürfe gegen die britischen Spezialeinheiten.

Die bei einer Großrazzia in London als mutmaßliche Bombenbauer festgenommenen Brüder haben ihre Unschuld beteuert. Die Anwältin des 23-jährigen Mohammed Abdul Kahar, der bei dem Sturmangriff auf seine Wohnung am Freitag durch einen Schuss verletzt wurde, erhob zugleich schwere Vorwürfe gegen die Polizei.

Bei einer Anhörung vor Gericht erklärte sie, ihr Mandant sei im Schlaf überrascht und ohne Vorwarnung angeschossen worden, als er im Schlafanzug und unbewaffnet auf die vermeintlichen Eindringlinge zuging.

Auch der Anwalt des 20-jährigen Bruders erklärte, dieser sei unschuldig. Der Verdacht, die Brüder hätten in ihrem Wohnhaus im Ost-Londoner Einwandererviertel Forest Gate an einer Chemiewaffe gebastelt, sei abwegig.

17 Festnahmen in Kanada

Bei der Gerichtsanhörung wurde der Polizei gestattet, die beiden Verdächtigen zunächst bis zum kommenden Mittwoch festzuhalten und bis dahin Beweise für deren Schuld zu suchen.

Nach Angaben des Senders BBC hatten Anti-Terror-Spezialkräfte die Wohnung gestürmt, nachdem beim Inlandsgeheimdienst MI5 "glaubwürdige Hinweise" eingegangen waren.

Danach sollte in dem Haus Material für eine so genannte schmutzige Bombe aus chemischen oder biologischen Kampstoffen versteckt sein. Mehr als einen Tag nach der Razzia meldeten die Fahnder jedoch noch keinen derartigen Fund. An der Aktion waren rund 250 Polizisten beteiligt. Die Gegend um das gestürmte Haus war am Samstag noch abgeriegelt.

Nach einem Großeinsatz der kanadischen Polizei in Toronto befinden sich 17 Terrorverdächtige, darunter fünf Jugendliche, in Gewahrsam. Einen Tag nach ihrer Festnahme erschienen die Männer unter großen Sicherheitsvorkehrungen vor Gericht, berichtete der Fernsehsender CTV.

Drei Tonnen explosives Material

Die Gruppe habe sich zum Bau eines Sprengsatzes drei Tonnen Ammoniumnitrat und andere Bestandteile beschafft, sagte ein Polizeisprecher. Sie würden wegen terroristischer Aktivitäten angeklagt werden.

An der Festnahme in der Umgebung der Provinzhauptstadt Toronto waren mehrere hundert Polizisten beteiligt. Die Behörden hatten die Verdächtigen bereits zwei Jahre lang im Visier, hieß es.

Ein Mitarbeiter des Geheimdienstes CSIS sprach von einer von "al-Qaida inspirierten" geplanten Serie von Terroranschlägen im Süden der Provinz Ontario. Die 17 Verdächtigen hätten sich die großen Mengen Sprengstoff "mit der Absicht beschafft, sie für Terroranschläge zu benutzen", sagte Polizeisprecher Mike McDonell.

Zum Vergleich führte er an, dass der schwere Terroranschlag in Oklahoma City im Jahr 1995, bei dem 168 Menschen starben, mit einem Drittel des gleichen Materials ausgeführt wurde.

McDonnell zufolge stammen die Festgenommen, darunter Muslime, aus den verschiedensten gesellschaftlichen Kreisen, "einige Studenten, einige Angestellte, einige Arbeitslose". Die meisten der Männer seien südasiatischer Herkunft, Anfang Zwanzig, der älteste 43 Jahre alt, berichtete die New York Times.

Während die kanadische Polizei es ablehnte, konkrete Anschlagziele der Terrorverdächtigen zu nennen, wies die Zeitung Toronto Star unter anderem die U-Bahn und das Büro des Geheimdienstes CSIS in Toronto sowie Parlamentsgebäude in Ottawa als Ziele der Gruppe aus.

Der kanadische Premierminister Stephen Harper lobte den Einsatz der Polizei und versprach weitere Anstrengungen der Behörden zum Schutz der nationalen Sicherheit. Der kanadische Rat für amerikanisch-islamische Beziehungen (CAIR) erklärte: "Als kanadische Muslime verurteilen wir jede Form von Terrorismus. Kanada ist unser Zuhause, und wir sorgen uns zutiefst um die Sicherheit unseres Landes".

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