Terror in New York:Trump will Hinrichtung

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Nach dem Anschlag fordert der US-Präsident "viel schnellere und viel härtere Strafen" für Terroristen - und eine strengere Einwanderungspolitik.

Von Sacha Batthyany, Washington

Während die Menschen in New York nach der Terrorattacke an Halloween noch trauerten, griff der amerikanische Präsident Donald Trump in Washington zum Smartphone. Erst forderte er die Internierung des Attentäters Sayfullo Saipov im Gefangenenlanger Guantanamo, dann die Abschaffung der Green-Card-Lotterie und zuletzt die Todesstrafe für den Mann, der am Dienstag mit einem Kleinlaster acht Menschen überfuhr und weitere schwer verletzte.

Saipov war 2010 aus Taschkent in die USA eingewandert, er hatte eine solche Verlosung gewonnen und nach einer Sicherheitsüberprüfung eine "Green Card" erhalten, die ihm einen unbefristeten Aufenthalt garantierte. 50 000 Einwanderungsvisa werden jährlich vergeben. Gemäß Trump aber müsse "dieser Irrsinn" aufhören, "wir müssen viel härter werden", schrieb der Präsident. Das von den Demokraten eingeführte System wolle er durch ein leistungsbasiertes ersetzen. Er nannte das alte Modell spöttisch ein "Chuck-Schumer-Prachtstück", worauf Schumer, Fraktionschef der Demokraten im Senat, der sich 1990 für das Programm eingesetzt hatte, zurückschrieb, Trump solle das Land lieber vereinen, "als diese Tragödie politisch auszunutzen".

Auf das Blutbad in Las Vegas reagierte der Präsident noch ganz anders

Nach dem Blutbad in Las Vegas vor wenigen Wochen, als ein Schütze aus einem Hotelzimmer auf eine Menschenmenge schoss und 58 Menschen tötete, waren die Reaktionen des Präsidenten ganz anders ausgefallen. Er besuchte Angehörige der Opfer, bezeichnete den Täter als "krank" und sprach vage von einer "möglichen Debatte" über eine Verschärfung der Waffengesetze. Passiert ist seither nichts. Trumps Sprecherin sagte am Tag nach dem Massaker: "Es ist nicht die Zeit der Politik. Jetzt ist die Zeit der Trauer."

Dass Donald Trump nach einer Terrorattacke umgehend eine restriktivere Einwanderungspolitik fordert, ist nicht neu. Schon während des Wahlkampfs sprach er sich als Kandidat nach dem Anschlag im kalifornischen San Bernardino im Dezember 2015 für ein Einreiseverbot für alle Muslime aus. Damals waren es Einreisekontrollen, jetzt die Green-Card-Lotterie. "Am liebsten wäre es dem Präsidenten, er könnte alle Löcher stopfen", damit niemand mehr hineinkomme, schrieb die New York Times. Ob das Attentat so hätte verhindert werden können, sei indes fraglich, denn der Täter sei in den USA radikalisiert worden.

Trump zitierte derweil einen Fernsehbeitrag des rechtskonservativen Senders Fox News, in dem von "europäischen Terrorproblemen" die Rede war, die dank Demokraten wie Schumer in die USA importiert worden seien; gemeint war die Aufnahme muslimischer Flüchtlinge. Trump kritisierte in einer Kabinettssitzung am Mittwoch auch das Justizsystem der Vereinigten Staaten als "nicht streng genug" und sprach von "einem Witz" und einer "Lachnummer". Die Bestrafung sollte schneller vonstatten gehen, sagte Trump, "und härter sein, als diese Tiere bisher bekamen".

Gemäß Ermittlern hat Sayfullo Saipov die Attacke gestanden. Er soll vom IS inspiriert worden sein

Die New Yorker Staatsanwaltschaft hat unterdessen gegen Sayfullo Saipov einen Strafantrag wegen Unterstützung einer Terrororganisation gestellt. Dem Täter wird "tödliche Gewalt" vorgeworfen, sagte Staatsanwalt Joon Kim. Im Fall einer Verurteilung drohten dem Mann die Todesstrafe oder lebenslange Haft.

Gemäß Ermittlern hat Saipov gestanden, die Attacke seit einem Jahr geplant und auch geübt zu haben. Er wollte Halloween abwarten, weil sich da "mehr Menschen auf den Straßen befinden". Auf seinem Mobiltelefon fand das FBI Videos von IS-Kämpfern, die Gefangene töten, Gebrauchsanleitungen für den Bombenbau und Bilder von Abu Bakr al-Baghdadi, dem Anführer der Terrormiliz, der Saipov zu seiner Tat offenbar inspiriert hatte. Saipov, ein dreifacher Vater, der zuletzt in New Jersey lebte, rund 40 Kilometer vom Anschlagsort entfernt, soll in seiner ersten Vernehmung keine Reue gezeigt und verlangt haben, eine IS-Fahne in seinem Krankenzimmer aufhängen zu dürfen.

Unklar ist die Rolle eines Kontaktmannes, ebenfalls Usbeke wie Saipov, der mittlerweile vom FBI verhört wurde. "Die Frage, wie jemand in den USA radikalisiert wird, ohne dass es irgendjemandem auffällt, ist längst nicht beantwortet", sagte New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo, ein Demokrat, der den Präsidenten für seine "pausenlose Einmischung" stark kritisierte. Trump würde sich mit seiner Forderung nach der Todesstrafe in ein laufendes Verfahren einmischen und die Richter unter Druck setzen. Die Kritik an Trump hat allerdings nicht nur inhaltliche Gründe. Cuomo gilt als möglicher Kandidat für die Präsidentschaftswahl 2020.

© SZ vom 03.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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