Terror in Mumbai:Täter verfolgten Medienecho auf eigene Anschläge

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US-Experten sehen die Drahtzieher des Terrors von Mumbai in Pakistan, andere Quellen nennen Indizien, die auf eine Verbindung nach Großbritannien hindeuten: Die Täter sollen Blackberry-Geräte dafür genutzt haben, um die englische Berichterstattung über ihr monströses Verbrechen zu lesen.

Die Terrorserie in der indischen Finanz- und Wirtschaftsmetropole Mumbai (Bombay) ist nach 60 Stunden von Spezialeinheiten mit Waffengewalt beendet worden - nun wuchern die Spekulationen über die Drahtzieher des blutigen Großangriffs.

Alles unter Kontrolle nach 60 Stunden: Ein indischer Soldat vor dem bis zuletzt umkämpften Luxushotel Taj Mahal im Mumbai. (Foto: Foto: AP)

Die Gerüchte über Verbindungen der Terroristen von Mumbai nach Großbritannien reißen nicht ab. Mehrere britische Zeitungen berichten, dass zwischen zwei und sieben Attentäter britische Staatsbürger sein könnten. Bereits seit Freitag gehen britische Sicherheitskreise den unbestätigten Hinweisen nach. Die Regierung in London hatte nach eigenen Angaben zunächst keine Bestätigungen für Verbindungen der Terroristen ins Königreich.

Die Zeitung The Daily Telegraph zitierte den Ministerpräsidenten von Maharashtra, Vilasrao Deshmukh, wonach sich zwei in Großbritannien geborene Pakistaner unter den festgenommenen Terroristen befänden.

Nach jüngsten Medienberichten aus Indien ist die Zahl der festgenommen Terroristen noch unklar. Die Zeitung The Times berief sich auf Informationen eines britischen Parlamentsabgeordneten, wonach bei mindestens zwei der Terroristen Kreditkarten und andere Dokumente gefunden worden seien, die auf Verbindungen in die Gegend von Yorkshire im Nordosten Englands hinwiesen. Über den Informanten des Abgeordneten wurde nichts bekannt.

Blick aufs Blackberry

Andere Zeitungen berichteten von bis zu sieben Terroristen aus Großbritannien mit Kontakten in die Städte Leeds, Bradford und Hartlepool, die ebenfalls im Nordosten Englands liegen.

Die Quellen dieser Informationen wurden nicht benannt. Mehrere Blätter berichten zudem davon, dass die Terroristen mit Hilfe von Blackberry-Geräten die Berichterstattung über die Anschläge in britischen Online-Angeboten verfolgt hätten.

Ein weiterer Verdacht richtet sich laut amerikanischen Geheimdienstexperten gegen die pakistanische Rebellengruppe Lashkar-e-Taiba ("Armee der Reinen").

Die New York Times berichtete am Freitagabend unter Berufung auf nicht näher genannte US-Geheimdienstkreise, dass sich die Hinweise verdichteten, nach denen Lashkar-e-Taiba für die Angriffserie in Mumbai verantwortlich sei. Ein Sprecher hatte in einem Telefonat mit der Nachrichtenagentur AFP eine Beteiligung seiner Gruppe bestritten. Zu den Taten bekannte sich die bislang unbekannte islamistische Gruppe Deccan Mujahedeen.

Die radikalislamische Gruppe Lashkar-e-Taiba kämpft für die Unabhängigkeit Kaschmirs. Sie wurde 1986 in der umstrittenen Grenzregion gegründet, die seit einem halben Jahrhundert Streitobjekt zwischen Indien und Pakistan ist.

Pakistans Geheimdienstchef cancelt Reise nach Indien

Im indischen Teil Kaschmirs kämpfen Aufständische seit Ende der achtziger Jahre für die Unabhängigkeit des überwiegend von Muslimen bewohnten Gebiets. Seit 2002 ist Lashkar-e-Taiba sowohl in Indien als auch in Pakistan verboten.

Die indische Polizei hatte der militanten Muslimorganisation bereits im Juli 2006 eine Beteiligung an einer Anschlagserie in Mumbai vorgeworfen, bei der mehr als 170 Menschen getötet und fast 800 verletzt wurden. 2001 machte Indien die Gruppe zudem für einen Anschlag auf das Parlament in Neu Delhi verantwortlich, der die Spannungen zwischen Indien und Pakistan dramatisch verschärfte.

Zuvor hatte Lashkar-e-Taiba bereits mehrfach Selbstmordanschläge auf indische Sicherheitskräfte in Kaschmir verübt. Neu Delhi hatte den pakistanischen Geheimdienst in der Vergangenheit wiederholt beschuldigt, Lashkar-e-Taiba und andere muslimische Extremisten zu unterstützen, so auch nach Beginn der jüngsten Anschläge. Indien machte "Elemente" im Nachbarland für die Anschläge verantwortlich.

Nach solcher Kritik sagte Pakistan eine geplante Reise seines Geheimdienstchefs nach Indien ab. Stattdessen werde ein anderer Vertreter des berüchtigten Dienstes ISI entsandt, um bei der Untersuchung der Terroranschläge von Mumbai mitzuarbeiten, sagte Zahid Bashir, ein Sprecher des pakistanischen Ministerpräsidenten Yousaf Raza Gilani, in Islamabad.

© dpa/AP/AFP/odg/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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