Tausende Jobs bedroht:Edeka-Tengelmann-Fusion vorerst geplatzt

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Richter setzen Genehmigung für Vereinigung der Supermarktketten außer Kraft.

Von Varinia Bernau und Michael Kläsgen, Düsseldorf/München

Der Zusammenschluss der Supermarktketten Edeka und Kaiser's Tengelmann droht zu scheitern. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) hat die Sondererlaubnis außer Kraft gesetzt, mit der Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die Fusion gegen den Widerstand des Bundeskartellamts ermöglichen wollte. Die Richter begründeten dies mit der Befangenheit des Ministers. Sie äußerten zudem rechtliche Zweifel an der Begründung, mit der Gabriel im März das Veto der Wettbewerbshüter ausgehebelt hatte.

Konkurrent Rewe betonte, der Konzern stehe bereit, Kaiser's Tengelmann vollständig zu übernehmen. Ob Tengelmann dieses Angebot annimmt, erscheint ungewiss. In der vergangenen Woche hatte Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub das Angebot von Rewe als "unseriös" bezeichnet. Er schloss auch eine Zerschlagung der Supermarktkette nicht aus, falls die Fusion mit Edeka nicht zustande komme. Einzelne Filialen von Kaiser's Tengelmann, in denen das Geschäft gut laufe, könnten demnach verkauft, für andere Insolvenz anmeldet werden. Die Kette mit derzeit etwa 430 Filialen ist vor allem in Nordrhein-Westfalen, München und Berlin vertreten. Das Unternehmen beschäftigt 16 000 Mitarbeiter. Ein Großteil dieser Arbeitsplätze ist nun in Gefahr. Haub hatte stets von bis zu 8000 bedrohten Arbeitsplätzen gesprochen, falls das Unternehmen zerschlagen werde.

Die Gewerkschaft Verdi kritisierte deswegen die Entscheidung des Gerichts. Verdi-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger warnte vor massenhaften Jobverlusten, den Folgen für die Familien und die Steuer- und Sozialsysteme. Edeka und Tengelmann bedauerten die überraschende Wendung. Beide teilten mit, weitere rechtliche Schritte zu prüfen. Die Entscheidung des Gerichts fiel zunächst nur in einem Eilverfahren. Dass das abschließende Urteil anders ausfällt, gilt jedoch als unwahrscheinlich. In der Sache anfechten können die beiden Unternehmen oder auch der Minister den Beschluss in der nächsthöheren Instanz zunächst nicht. Sie können gegen diese Nichtzulassung der Rechtsmittel allerdings Beschwerde vor dem Bundesgerichtshof einlegen.

Ein solcher juristischer Streit um die Fusion könnte die Gerichte über Jahre beschäftigen. Deshalb gilt es als unwahrscheinlich, dass sich die Unternehmen darauf einlassen.

Das Wirtschaftsministerium wies den Vorwurf der Befangenheit zurück. Diese Behauptung sei "zu keinem Zeitpunkt vorgetragen" worden. Vielmehr hätten alle Seiten genügend Gelegenheiten gehabt, Einwände vorzutragen - auch Konkurrent Rewe. Gabriel selbst habe an Anhörungen teilgenommen. Politiker von Union, Grünen und FDP begrüßten die Entscheidung des Gerichts. Dies sei ein "Super-GAU" für den Wirtschaftsminister, erklärte der Unions-Wirtschaftspolitiker Joachim Pfeiffer. Allerdings hatte er vor Monaten die Ministererlaubnis noch begrüßt. Die Grünen erklärten, die Erlaubnis sei "ein Riesenfehler" gewesen. FDP-Chef Christian Lindner sprach von einer "einmalig schweren Niederlage".

© SZ vom 13.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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