Tarifverhandlungen:Verdi fordert sechs Prozent

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Sonst bleibt der öffentliche Dienst nicht attraktiv, sagt die Dienstleistungsgewerkschaft. Lehrlinge sollen 100 Euro mehr bekommen. Dieses Jahr gehen allerdings auch die Arbeitgeber mit Forderungen in die Tarifrunde.

Von Detlef Esslinger, München

Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes gehen mit einer Lohnforderung von sechs Prozent in die Tarifrunde mit Bund und Kommunen. Azubis sollen 100 Euro mehr bekommen. Verdi, der Beamtenbund, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie die Gewerkschaft der Polizei (GdP) stellen damit die bisher höchste Lohnforderung in diesem Jahr. Allerdings liegt die Forderung nur leicht über jener der IG Bau für die Baubranche. Sie verlangt 5,9 Prozent. Bei der IG Metall wiederum hat der Vorstand eine Forderung "zwischen 4,5 und fünf Prozent" empfohlen, die zurzeit an der Basis diskutiert wird.

Zur Begründung sagte Verdi-Chef Frank Bsirske am Donnerstag in Berlin, der private Konsum müsse "weiter gestärkt" werden. Zudem liege die Tarifentwicklung beim Staat im Vergleich zum Durchschnitt der Gesamtwirtschaft weiter zurück. Mehr als jeder Fünfte im Staatsdienst werde in den nächsten Jahren ausscheiden, sagte Bsirske. "Bund und Kommunen müssen konkurrenzfähig sein. Wir wollen, dass der öffentliche Dienst im Wettbewerb um die besten Fachkräfte mithalten kann." Ähnlich argumentieren Beamtenbund und GEW, allerdings legten sie den Schwerpunkt zusätzlich auf die Art der Jobs beim Staat: Die Arbeitsbedingungen vor allem für den Nachwuchs müssten verbessert werden. Die Zahl der befristeten Stellen müsse gesenkt werden, sagte GEW-Chefin Marlis Tepe. Beamtenbund-Vize Willi Russ fügte hinzu, andernfalls werde der Staat seinen Personalbedarf "bald nicht mehr decken können". Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nannte die Forderung "auch im Vergleich mit anderen Branchen unerwartet hoch". Das mache die Ergebnisse nicht besser, sondern verlängere nur die Verhandlungen. Zugleich sagte er, das "Anliegen" der Beschäftigten "nach angemessener Lohnerhöhung ist berechtigt".

Diesmal stellen auch die Arbeitgeber eine Forderung: Sie wollen die Altersvorsorge kürzen

Ein Unterschied zu früheren Tarifrunden ist, dass nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch die Arbeitgeber Forderungen stellen. Thomas Böhle, der Verhandlungsführer der Kommunen und Personalchef des Münchner Rathauses, verlangte am Donnerstag "Leistungseinschnitte" bei der betrieblichen Altersvorsorge. Diese müsse finanzierbar bleiben - was derzeit nicht gewährleistet sei: wegen stetig gestiegener Lebenserwartung und niedriger Zinsen. Die Tarifverträge dazu seien "überholt", sagte Böhle. Verdi-Chef Bsirske wies die Forderung zurück. Dies komme "angesichts des sinkenden Rentenniveaus unter keinen Umständen in Frage", sagte er.

Die Verhandlungen beginnen am 21. März in Potsdam.

© SZ vom 19.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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