Tag der Einheit:Kritik allein bringt's nicht

Manches könnte besser sein hierzulande. Aber vieles ist recht gut.

Von Cornelius Pollmer

Zum Tag der Einheit zeigte die Stadt Dresden viele unterschiedliche Gesichter, darunter sogar einige Fratzen. An der Frauenkirche und vor der Semperoper brüllten kleine Teile des Volkes ihre Repräsentanten an, woraufhin diese Repräsentanten in Festreden das Land als blühend, stabil und vielfältig lobten. Blöd gefragt: Wer hat eigentlich recht und wenn ja, wie viel? Blöd geantwortet: Das liegt nicht allein in der Verantwortung der Repräsentanten und noch viel weniger in jener der Brüllenden.

Der Tag der Einheit gibt vielen Anlass zur Kritik. Die Kritik der einen beginnt beim unglücklichen Datum, die der anderen hört nicht auf bei jener rituellen Festaktherrlichkeit, mit der dieser Tag begangen wird. Wiederum andere schreien sofort "Hitler!", wenn jemand sich nur zu sagen traut, dass er in diesem vereinigten Deutschland gar nicht mal ungerne lebt.

So ist das Spektrum, und in diesem Spektrum hat jede sachgerechte Kritik ihren Platz. Keine gesunde Beziehung aber lebt von Kritik allein. Und wenn zum jährlichen Tag der Einheit in Reden daran erinnert wird, was in diesem Land in Ost (Aufbau) wie West (Hilfsbereitschaft) geleistet worden ist, dann sind deswegen nicht unbedingt Naivität, Schönfärberei und Klitterung zur Anklage zu bringen. Dann kann darin vielmehr ein Beitrag dazu liegen, dass die Wahrnehmung des Landes nicht von jenen dominiert wird, die sowieso alles doof finden.

© SZ vom 04.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: