SZ-Interview mit Saarlands SPD-Chef Heiko Maas:"Da ist noch Musik drin"

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Im CDU-regierten Saarland, wo am 5. September die nächsten Landtagswahlen stattfinden, ist die SPD bei der Europawahl etwas glimpflicher davongekommen als in anderen Bundesländern. Der junge SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas gilt als Kritiker der Berliner Reformpolitik.

Interview: Nico Fried

SZ: Herr Maas, hat sich der von Ihnen erhoffte Machtwechsel im Saarland mit dem letzten Sonntag schon erledigt?

Maas: Nein. Unser Ergebnis im Saarland liegt bei der Europawahl fast zehn Prozent über dem Bundesergebnis der SPD. Bei den Kommunalwahlen halten sich unsere Verluste bei 37,3 Prozent in Grenzen. Und die CDU hat mit ihrem verschlechterten Ergebnis nicht die angepeilte absolute Mehrheit. Da ist noch Musik drin.

SZ: Sie haben die Reformen der Regierung kritisch begleitet. Hilft das?

Maas: Wir setzen uns von der Bundespartei nicht völlig ab. Wir treten auch für Reformen ein, aber wir wollen mehr soziale Balance. Wir haben da eine eigene Linie. Das wird schon wahrgenommen. Viele unsere potenziellen Wähler haben den Eindruck, dass bei den Reformen vor allem die Normal- und Geringverdiener ihren Beitrag leisten mussten, nicht aber die Spitzenverdiener.

SZ: Der Kanzler hat gesagt, er könne und wolle keine andere Politik machen.

Maas: Wer wie die SPD mit 21 Prozent nach Hause geschickt wird, kann nicht einfach sagen: Augen zu und durch. Wir müssen gemeinsam klären, was in den nächsten Monaten unsere wichtigen Projekte sind. Wir müssen deutlich machen, wo wir uns von den Konservativen unterscheiden.

Zum Beispiel bei der Bürgerversicherung, die wir gegen das unsoziale CDU-Modell der Kopfpauschale stellen. Das gleiche gilt für die Erbschaftssteuer. Ich finde auch, dass man das Thema Bildung und Innovation schon früher hätte besetzen müssen. Dann hätten wir nicht nur diskutiert, wo wir kürzen, sondern auch, wo wir etwas drauf legen.

SZ: Statt der Ausbildungsumlage kommt nun ein Pakt. Einverstanden?

Maas: Wenn dadurch in den nächsten Jahren pro Jahr 30 000 Lehrstellen geschaffen werden, ist das positiv. Leider lehrt uns aber die Vergangenheit, dass vielen Versprechungen keine Taten gefolgt sind. Ich hätte mir gewünscht, dass der Pakt noch verbindlicher gestaltet worden wäre. Ich fürchte, dass wir die Diskussion um die Umlage wieder bekommen, wenn die Wirtschaft ihre Zusagen nicht hält.

SZ: Reichen 30.000 neue Lehrstellen?

Maas: Mir wäre es lieber gewesen, man hätte in dem Pakt vereinbart, dass jeder ausbildungsfähige und -willige Jugendliche einen Platz finden muss.

SZ: Waren Sie damit einverstanden, dass Müntefering das Gesetz zugunsten des Paktes geopfert hat?

Maas: Ohne sein engagiertes Auftreten hätte sich die Wirtschaft gar nicht bewegt. Er hat sich nun für diesen Weg entschieden. Das kann man machen. Ich denke wegen der schlechten Erfahrungen der Vergangenheit, es wäre besser gewesen, ein Mindestmaß an Druck auf die Wirtschaft aufrecht zu erhalten.

SZ: Am Sonntag findet ihr Landesparteitag statt. Franz Müntefering und Oskar Lafontaine werden da sein. Haben Sie ein Treffen arrangiert?

Maas: Ich habe beide eingeladen. Mehr nicht.

© SZ vom 17. Juni 2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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