Syrien-Krise:Europa scheut neue Strafen gegen Putin

Lesezeit: 2 min

Trotz der russischen Luftangriffe auf Aleppo wollen die EU-Außenminister keine neuen Sanktionen. Moskau verkündet für Donnerstag eine Waffenruhe.

Von Daniel Brössler, Luxemburg

Russland muss vorerst keine europäischen Sanktionen wegen seiner Bombenangriffe in Syrien fürchten. Bei einem Treffen in Luxemburg scheuten die EU-Außenminister am Montag vor der Drohung mit Strafmaßnahmen zurück. "Die EU hat nicht nur Sanktionen in ihrem Werkzeugkasten. Es gibt viele andere Instrumente, die wir einsetzen können", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. "Unsere Priorität ist es, Leben in Aleppo zu retten", sagte sie. Die Außenminister zeigten sich "entsetzt" über die Verschlechterung der Situation in Syrien und forderten, das Bombardement auf Aleppo einzustellen. Zumindest kurz wollen die Streitkräfte des syrischen Regimes und Russlands ihre Angriffe auf Aleppo am Donnerstag angeblich einstellen. Es handele sich um eine "humanitäre Pause", berichtete die Agentur Interfax am Montag unter Berufung auf die russische Armee. Demnach soll das Feuer für acht Stunden eingestellt werden. Die Aufständischen könnten den Osten der Stadt über zwei Korridore verlassen.

"Das kann ein Anfang sein", sagte Mogherini zu der Ankündigung.

Russland unterstützt das Regime von Baschar al-Assad mit Luftangriffen im Kampf um Aleppo, am Montag starben dort zwölf Menschen. Am Sonntag hatten US-Außenminister John Kerry und sein britischer Kollege Boris Johnson Sanktionen nicht ausgeschlossen. Russland unterliegt bislang nur Strafmaßnahmen wegen seiner Rolle im Krieg im Osten der Ukraine.

Seine Skepsis gegenüber den in Deutschland vor allem vonseiten der CDU/CSU ins Gespräch gebrachten Sanktionen bekräftigte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD): "Ich sehe zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht, wie möglicherweise langfristig wirkende Sanktionen hier zur Verbesserung der Lage der Zivilbevölkerung beitragen sollen", sagte er. Es sei eine zum Teil "emotionale und kontroverse Debatte" geführt worden, berichtete Steinmeier im Anschluss an das Treffen. "Wir haben ganz konkret diskutiert, ob Sanktionsbeschlüsse heute weiterhelfen würden mit Blick auf humanitäre Zugänge", sagte er.

Dies habe keiner der Minister "am Ende bejahen können". Scharfe Kritik an Russland kam vor allem vonseiten Großbritanniens und Frankreichs, allerdings nur sehr vage verbunden mit Sanktionsüberlegungen. Die EU müsse darüber sprechen, "wie der Druck auf das Assad-Regime und seine russischen Marionettenspieler aufrechterhalten wird", sagte der britische Außenminister Johnson. Russland habe es in der Hand, das Leiden der Menschen in Aleppo zu beenden. "Ich appelliere an die Größe des russischen Volkes, jetzt einen anderen Weg einzuschlagen, sich für Frieden zu entscheiden und uns zurück auf den Pfad der Verhandlungen in Genf zu führen", sagte er.

Russland beteilige sich an der Seite des Regimes von Assad an "einer Logik der Zerstörung", klagte der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault. Alle Optionen würden geprüft, sagte Ayrault zu möglichen Sanktionen.

Angesichts der "Kriegsgräuel bis hin zu Kriegsverbrechen" habe die Bundesregierung Verständnis dafür, "dass über alle Optionen nachgedacht wird, auch über Sanktionen gegen die, die diese Taten durchführen, beziehungsweise ermöglichen", erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Beim EU-Gipfel am Donnerstag in Brüssel wollen die Staats- und Regierungschefs über das Verhältnis zu Russland sprechen.

© SZ vom 18.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: