Symbolfiguren der RAF:Gnade und Recht

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Vier Mitglieder der Terrororganisation Rote Armee Fraktion sind heute noch im Gefängnis. Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt, seit 24 Jahren in Haft, haben nun wieder Hoffnung, freizukommen.

Hans Leyendecker

Die Terrorbande Rote Armee Fraktion (RAF) ist längst bundesdeutsche Geschichte, aber die Folgen des Krieges der ,,Sechs gegen sechzig Millionen'' (Heinrich Böll) sind Realität.

34 Menschen hat die RAF ermordet, 27 RAF-Mitglieder kamen ums Leben - schauerliche Zahlen eines wahnwitzigen Feldzuges. Das letzte Kapitel dieses sinnlosen Kampfes sind die vergessenen Häftlinge.

Vier Terroristen sitzen noch ein: Brigitte Mohnhaupt, 57, und Christian Klar, 54, sind seit 24 Jahren, Eva Haule, 52, seit 20 Jahren und Birgit Hogefeld, 50, seit 13 Jahren in Haft.

Aber in diesen Tagen gibt es Hinweise, dass zumindest Mohnhaupt und Klar die Chance haben, bald wieder freizukommen. Beide galten lange als besonders unbeugsame Kämpfer der Bande, und beide waren Symbolfiguren der RAF, aber auch von ihnen geht keine Gefahr mehr aus.

Als Erste darf die einstige Chefin verschiedener Terrorkommandos im ,,Deutschen Herbst'', Mohnhaupt, auf ein Leben nach dem Knast hoffen. Die Frau, die schon in den frühen siebziger Jahren am Aufbau der RAF-Logistik beteiligt war und zu fünfmal Lebenslang plus 15 Jahre verurteilt worden ist, hat am 22. Januar einen Anhörungstermin beim 5. Strafsenat des Stuttgarter Oberlandesgerichts.

Klar hofft auch eine Begnadigung

Die Richter sollen über einen neuen Antrag auf Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung entscheiden.

Beim letzten Mal hatte der 5. Strafsenat den Antrag von Mohnhaupt abgelehnt, weil die ,,besondere Schwere der Schuld'' eine Freilassung noch nicht zulasse. Die Bundesanwaltschaft, die in solchen Fällen von einem ,,gerechten Schuldausgleich'' spricht, hatte beantragt, dass Mohnhaupt mindestens bis Frühjahr 2007 im Gefängnis bleiben müsse.

Dem Senat liegen die Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt Aichach, in der Mohnhaupt sitzt, ebenso vor wie ein Gutachten zur Kriminalprognose.

Klar wiederum, der in den achtziger Jahren wegen neunfachen Mordes und elffachen Mordversuchs verurteilt wurde, hofft auf eine Begnadigung durch den Bundespräsidenten. Er hatte sein Gesuch noch bei Johannes Rau eingereicht, nun will dessen Nachfolger Horst Köhler bald darüber entscheiden. Köhler kümmert sich um den Fall sehr.

"Ein Gnadenerweis ist etwas höchst Persönliches"

Das Präsidialamt hat bereits verschiedene Stellungnahmen eingeholt; die Zeichen deuten darauf hin, dass Klar begnadigt werden könnte.

Zwar hatte das Oberlandesgericht Stuttgart festgelegt, Klar müsse mindestens 26 Jahre in Haft bleiben, aber Köhler ließ erkennen, dass er sich eine Gnadenlösung vorstellen könne. Wenn nicht, hätte Klar - ähnlich wie Mohnhaupt jetzt - im Januar 2009 die Chance auf Freilassung auf Bewährung. Bislang sind sieben Terroristen von Bundespräsidenten begnadigt worden.

,,Ein Gnadenerweis ist etwas höchst Persönliches'', hat Köhlers Vorgänger Johannes Rau gesagt, als er im Oktober 2002 eine Rede über Hanns-Martin Schleyer und dessen vier Begleiter hielt, die 25 Jahre zuvor von RAF-Terroristen ermordet worden waren. 2007 gibt es viele traurige Gedenktage: Am 7. April 1977 wurden Generalbundesanwalt Siegfried Buback und zwei seiner Begleiter ermordet.

Am 30. Juli 1977 erschossen Mitglieder der RAF den Dresdner-Bank-Chef Hans Jürgen Ponto in seinem eigenen Haus. ,,Ganz grundsätzlich sind Gesichtspunkte der Menschlichkeit abzuwägen gegen das Prinzip von Schuld und Sühne...und dem, was eine Begnadigung für die Angehörigen der Opfer bedeutet'', hat Rau gesagt. So sieht es wohl auch Köhler.

© SZ vom 11.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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