Susanne Osthoff:Ein Fall voller Merkwürdigkeiten

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Die Ermittler tun sich schwer, die Entführung Susanne Osthoffs aufzuklären. Auch wenn das BKA nicht von einer Kumpanei der Archäologin mit den Verbrechern ausgeht, bleiben die Hintergründe rätselhaft.

Hans Leyendecker

Vor einigen Wochen schickte ein hochrangiger deutscher Sicherheitspolitiker einem Bekannten in der Bundesregierung eine SMS: Im Fall der Susanne Osthoff sei "doch irgendetwas faul", schrieb der Politiker. Über die Antwort, die er bekam, mag er nicht reden, doch auch manchem Mitarbeiter im Apparat der Regierung ist mulmig.

"Nicht mit normalen Maßstäben zu messen" - der Fall Osthoff. (Foto: Foto: dpa)

"Dieser Entführungsfall ist anders als andere", sagt ein Sicherheitsbeamter. Die Regierung tue sich mit Erklärungen auch deshalb schwer, weil über Lösegeld "prinzipiell nicht geredet" werde. Auch habe Susanne Osthoff "eine sehr lockere Beziehung" zum Bundesnachrichtendienst (BND) und zu einem der Beamten des Geheimdienstes gehabt.

Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach macht "viele Merkwürdigkeiten" aus, der FDP-Innenexperte Max Stadler findet die Geschichte "ziemlich verworren". Vielleicht hat das Unbehagen auch damit zu tun, dass die 43-jährige Archäologin nicht in die gängigen Raster passt und offenkundig auch nicht passen will.

Die Bayerin, die im Irak ihre Heimat fand, spielt aus Sicht eines Teils des weiblichen Publikums zumindest die Rolle einer tapferen Frau, die allein gegen die böse Welt kämpft. Die anderen im Publikum, Männer vor allem, misstrauen ihr genau deshalb.

Die Ermittler des Bundeskriminalamtes (BKA), die sich um die Aufklärung des Entführungsfalls bemühen, tun sich nicht leicht. Viele Stunden haben sie das Geiselopfer in Bagdad und später auch in Dubai vernommen. Wer hinter der Entführung steckt, wer den Plan der Entführung ausheckte, wo der ebenfalls entführte Fahrer verblieb, ist immer noch nicht geklärt.

Nach Aussage Osthoffs kannte sie die Entführer nicht. Die Männer hätten zum Heer des jordanischen Top-Terroristen Musab al-Sarkawi gehört, auf dessen Ergreifung die USA eine Belohnung von 25 Millionen Dollar ausgesetzt haben.

Auf die Frage eines Reporters, welche Hinweise sie habe, dass die Gruppe tatsächlich etwas mit Sarkawi zu tun hatte, antwortete Osthoff: "Das haben die mir immer wieder eingebläut." Ein Beleg ist das nicht.

Das BKA geht auch der Sarkawi-Spur nach, aber der Ablauf der Entführung lässt aus BKA-Sicht eher darauf schließen, dass es den Kidnappern nur um Geld ging. "Das waren nicht Sarkawis Leute", ergänzt ein BND-Beamter.

Pullach hat Osthoff zeitweise als Quelle geführt, was aber auch ein Missverständnis sein kann. Aus ihrer Sicht hat sie nie für den BND gearbeitet, sondern nur Freunden geholfen, die beim BND beschäftigt waren und privat schon mal für sie Knödel kochten: Eine Hand wäscht die andere.

Der Dienst jedenfalls hat die offizielle Verbindung zu der Quelle, die nicht sprudelte, schon vor der Entführung abgebrochen, weil Osthoff nicht zu führen war.

Ein Fall voller Merkwürdigkeiten: Dass die Entführer dem Opfer vor der Freilassung etwa 3000 US-Dollar wieder zurückgegeben haben sollen, ist sehr ungewöhnlich. Einen Politiker der Union erinnert das an "einen Bankräuber, der einen Teil der Beute wieder zurückgibt, damit die Bank flüssig bleibt".

Frau Osthoff ist finanziell sehr genügsam, aber augenscheinlich oft auch klamm. "Ich glaube nicht, dass Sie wie ich mit einer Plastiktüte und drei Taschen" leben, hat sie im Vorgespräch zu einem Interview der ZDF-Moderatorin Marietta Slomka zugerufen.

BKA-Experten warnen davor, die öffentlichen Erklärungen Osthoffs "mit normalen Maßstäben zu messen". Nach der Entführung habe die 43-Jährige einen Realitätsverlust erlitten, sagt ein Beamter.

Dass Osthoff in einem Gespräch mit Journalisten des arabischen Fernsehsenders al-Dschasira Verständnis für die Kidnapper gezeigt habe, sei "kein Beleg für Kumpanei mit den Verbrechern". Häufig würden Entführungsopfer Verständnis für ihre Entführer entwickeln.

© SZ vom 23.01.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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