Südafrika:Chronik eines angekündigten Putsches

Südafrikas Präsident Thabo Mbeki ist bei seiner Partei in Ungnade gefallen. Er wird sein Amt räumen - und beendet ein politisches Drama.

Arne Perras

Sich noch einmal aufzubäumen hätte ihm nichts genützt. Der Afrikanische Nationalkongress (ANC) ist eine sehr mächtige Partei, und nicht einmal der Präsident Südafrikas kann ihr ernsthaft trotzen, wenn er bei der Mehrheit der Genossen in Ungnade gefallen ist.

Südafrika: Thabo Mbeki (l.) gratuliert dem frisch gekürten ANC-Präsident Jacob Zuma.

Thabo Mbeki (l.) gratuliert dem frisch gekürten ANC-Präsident Jacob Zuma.

(Foto: Foto: Reuters)

So blieb Thabo Mbeki am Ende keine Wahl. Der ANC wollte ihn loswerden, und der Präsident musste sich fügen. Er werde das Amt räumen, ließ Mbeki seine Sprecher am Samstagnachmittag verkünden. Mit ein paar spröden Worten endete ein politisches Drama, das Südafrika in den vergangenen Monaten aufgewühlt hat.

Aufstieg und Niedergang sind eng miteinander verwoben. Die Schmach des einen ist der Triumph des anderen: Thabo Mbeki, 66 Jahre alt und einsamer Präsident am Kap, hat das politische Gefecht verloren. Der gleichaltrige Jacob Zuma, vor Kraft strotzender Volkstribun und Held der Linken, hat nun offenbar freie Bahn nach ganz oben. Er will im nächsten Jahr der Präsident Südafrikas werden. Und es sieht nicht so aus, als könnte ihn noch etwas stoppen.

Mbeki ist schon länger geschlagen

Die Ereignisse der vergangenen Monate lesen sich wie die Chronik eines angekündigten Putsches: Stück für Stück hat das Lager Zumas den amtierenden Präsidenten demontiert. Mbeki fand keinen Weg, seine Präsidentschaft bis zum regulären Ende im April 2009 noch zu sichern.

Schon im Dezember vergangenen Jahres war Zuma ein entscheidender Ettapensieg gelungen. Er eroberte mit großer Mehrheit den Chefposten des ANC, Mbeki musste sich geschlagen geben. Es folgte eine gezielte Zermürbung der Mbeki-Getreuen, die so weit führte, dass der Präsident sogar dazu gezwungen wurde, ihm vertraute Provinzfürsten auf Druck des Zuma-Lagers fallen zu lassen.

Damit war klar, dass dem Präsidenten die Macht längst aus den Händen gerissen worden war. Und es half ihm zuletzt auch nicht mehr, dass er nach monatelangen Verhandlungen im Nachbarland Simbabwe endlich eine Lösung vermittelt hat, wonach sich Machthaber Robert Mugabe und Oppositionschef Morgan Tsvangirai künftig die Macht teilen wollen.

Korruption als Wahlkampfthema

In der Krise um die Führung Südafrikas spiegeln sich auch die Probleme einer noch nicht gefestigten, jungen Demokratie wider. Denn Mbeki hat, nach allem was man weiß, immer wieder Einfluss auf die Staatsanwaltschaft des Landes genommen, um ein Korruptionsverfahren gegen seinen Widersacher Zuma voranzutreiben. Die Justiz wurde von ihm als politische Waffe missbraucht. Damit hat er deren Glaubwürdigkeit untergraben und dem politischen Gegner in die Hände gespielt. Die Strategie Mbekis hat dem Widersacher eher genutzt denn geschadet, obgleich über Schuld und Unschuld Zumas noch gar nicht befunden wurde.

Dem ANC-Chef werden seit längerem Betrug und Bestechlichkeit in einem Waffendeal mit einem französischen Rüstungskonzern vorgeworfen. Es galt dies stets als gefährlichste Hürde, die den Aufsteiger Zuma noch straucheln lassen könnte. Nun aber hat der Richter in Pietermaritzburg vor einer Woche die Anklage gestoppt, auch weil es Hinweise auf eine politische Verschwörung gebe.

Als die Staatsanwaltschaft dann Berufung gegen diese Entscheidung ankündigte, war es mit der Geduld im Zuma-Lager endgültig zu Ende. Nun wollten sie Mbeki stürzen, um jeden Preis. Keinesfalls sollte der scheidende Präsident ihren Helden auf den letzten Metern noch zu Fall bringen.

Zugleich aber ignoriert die Linke, dass der Fall Zuma juristisch noch nicht aufgearbeitet ist. Der Vorwurf der Bestechlichkeit steht weiter im Raum, und es gibt handfeste Hinweise, dass Zuma auch tatsächlich verstrickt ist. Aber das Thema ist nun politisch derart aufgeladen, dass eine unabhängige Untersuchung des Falles sehr schwierig erscheint.

Hoffnung und Frust

Damit steigen die Chancen Zumas, weitgehend ungeschoren aus den Skandalen herauszukommen und in den Wahlen im nächsten Jahr als ANC-Kandidat auch tatsächlich zu triumphieren. Womöglich wird dies die neue ANC-Führung aber auch von Teilen des Volkes entfremden. Der Schatten mutmaßlicher Korruption liegt weiterhin über Zuma, auch wenn es zu einem Prozess nie kommt. Zuma gilt zwar als Hoffnung der unteren Schichten Südafrikas, zugleich aber wächst bei manchen doch auch der Frust und die Enttäuschung über die dubiosen Machenschaften und die wuchernde Korruption in den Machtzirkeln des ANC.

Sobald Mbeki nun sein Amt niederlegt, kommt das Parlament zusammen und bestimmt einen Nachfolger für den Übergang, er wird die Geschäfte bis zur Wahl im April 2009 führen. Dies könnte zum Beispiel der Parlamentspräsident sein, denn Mbekis Vize hat bereits klar gemacht, dass sie ebenfalls zurücktritt, wenn Mbeki gehen muss.

Vorgezogene Wahlen gelten als unwahrscheinlich, und es sieht auch nicht so aus, als werde Zuma jetzt schon zum Staatschef gekürt. Er sieht sich als Mann des Volkes, also will er sich auch vom Volk ganz nach oben tragen lassen. Bis April 2009 kann er jetzt auch noch warten, zumal sein schärfster Widersacher Mbeki nun außer Gefecht gesetzt ist.

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