Strukturförderung:Mehr Geld für arme Orte

Lesezeit: 2 min

Der Städtetag schlägt vor, Gemeinden in strukturschwachen Regionen im Ruhrgebiet oder in Ostdeutschland finanziell besserzustellen. Finanzminister Schäuble scheint nicht abgeneigt zu sein.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Es gehört zum Standardrepertoire von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), den Bundesländern vorzuhalten, diese würden nicht alle Gelder, die sie für Städte und Gemeinden aus dem Bundeshaushalt fordern, auch an diese weiterleiten. Die Länder weisen den Vorwurf mit gleicher Routine stets zurück. An diesem Donnerstag hat der Deutsche Städtetag nun den Versuch gestartet, die Rituale zwischen Bund und Ländern mit einem konstruktiven Vorschlag zu beenden. Unmittelbar vor einer weiteren Bund-Länder-Verhandlungsrunde über die Neuordnung der Finanzbeziehungen forderte der kommunale Spitzenverband, finanzschwache Kommunen in Ost und West besserzustellen. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy schlug vor, ein umfassendes gesamtdeutsches Regionalförderungssystem zu schaffen, mit dessen Mitteln strukturschwache Regionen im Ruhrgebiet oder in Ostdeutschland aufgebaut werden könnten.

Im Verhandlungspoker zwischen Bund und Ländern dürfte dieser Vorschlag durchaus willkommen sein - auf beiden Seiten. Schäuble hatte zuletzt erkennen lassen, dass er durchaus geneigt ist, Städte und Kommunen direkt zu stärken. Schäuble hat in den Verhandlungen vorgeschlagen, die Gemeindefinanzen bereits zu Beginn des Länderfinanzausgleichs einzubeziehen, also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Bundesländer ihre Umsatzsteuereinnahmen untereinander ausgleichen. Außerdem plant der Finanzminister neue Bundeshilfen für Länder mit besonders armen Gemeinden.

Die neue Verhandlungsrunde zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen hatte am Donnerstagmittag im Kanzleramt begonnen. Zunächst saßen die Unterhändler der Bundesländer in kleiner Runde mit Vertretern des Bundes zusammen, darunter Wolfgang Schäuble sowie die Chefs der Koalitionsfraktionen. Im Falle einer Einigung sollten am Abend die übrigen Ministerpräsidenten ins Kanzleramt kommen. Notfalls, so hieß es in Verhandlungskreisen, könnte das endgültige Treffen auch am Freitag stattfinden. Der Bund-Länder-Finanzausgleich ist die Voraussetzung dafür, dass in allen Regionen Deutschlands vergleichbare Lebensbedingungen herrschen. Er muss reformiert werden, weil die bisherige Regelung im Jahr 2019 ausläuft.

Bei der Integration der Flüchtlinge ist angeblich eine "neue Qualität" zu erkennen

Der Deutsche Städtetag hatte am Donnerstag in Berlin den Gemeindefinanzbericht 2016 vorgestellt. Danach sind die Kommunen weiterhin sehr stark damit beschäftigt, die Flüchtlinge des Jahres 2015 zu integrieren. Der Spitzenverband lobte ausdrücklich die bisherige finanzielle Unterstützung des Bundes. Bei der Integration der Flüchtlinge seien im Zusammenspiel zwischen Bund, Ländern und Gemeinden "Zeichen einer neuen Qualität im Umgang miteinander zu erkennen", sagte Verena Göppert, Vizechefin des Verbands. Mit erheblichem finanziellen Einsatz habe der Bund versucht, die Kommunen vor einer Überforderung zu bewahren.

Im laufenden Jahr geht der Deutsche Städtetag von weiter steigenden Einnahmen aus. Städte und Gemeinden kalkulieren ohne zusätzliche Bundesmittel mit insgesamt 231 Milliarden Euro. Die Sozialausgaben steigen wegen des Flüchtlingszuzugs um mehr als sechs Milliarden Euro auf insgesamt 59 Milliarden Euro.

© SZ vom 14.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: