Streit um verhaftete Protokollchefin:Beck will Ruanda besänftigen

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Nach der Verhaftung der ruandischen Protokollchefin Kabuye mischt sich nun der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Beck in den Streit zwischen Deutschland und Ruanda ein.

Daniel Brössler

Nach der Ausweisung des deutschen Botschafters aus Ruanda will sich der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) in den Streit zwischen dem ostafrikanischen Land und Deutschland einschalten. Er werde sich an Staatspräsident Paul Kagame wenden, sagte Beck in Mainz.

Demonstranten haben sich vor der deutschen Botschaft in Kigali, der Hauptstadt Ruandas, versammelt und protestieren gegen die Verhaftung ihrer Protokollchefin. (Foto: Foto: AP)

Ruanda ist seit 1983 Partnerland von Rheinland-Pfalz; das Bundesland unterhält in Kigali ein Koordinationsbüro. Ruanda liefert sich aus Empörung über die Verhaftung der ruandischen Protokollchefin Rose Kabuye derzeit ein diplomatisches Scharmützel mit Deutschland.

Neben der Ausweisung des deutschen Botschafters rief die Regierung ihren Botschafter "zu Beratungen" aus Berlin zurück. Außerdem werden in der Hauptstadt Kigali antideutsche Demonstrationen inszeniert.

Es seien Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden, hieß es dazu aus dem Auswärtigen Amt. Die Lage werde aufmerksam beobachtet, es gebe aber keine beunruhigende Eskalation. Beck äußerte sich besorgt über die antideutschen Demonstrationen in Ruanda. Nach Berichten von Mitarbeitern des Koordinationsbüros in Kigali würden die Proteste durch die Regierung unterstützt. Übergriffe auf die drei Mitarbeiter dort habe es bisher nicht gegeben, allerdings Beschimpfungen, sagte er.

Die Protokollchefin war am Sonntag am Frankfurter Flughafen festgenommen worden, weil gegen sie ein europäischer Haftbefehl vorlag. Das Frankfurter Oberlandesgericht (OLG) entschied am Mittwoch, dass Kabuye nach Frankreich ausgeliefert wird. Die französischen Behörden suchen sie wegen Mordverdachts. Sie werfen ihr eine Beteiligung an dem Mord an Ruandas früherem Präsidenten Juvénal Habyarimana vor, der 1994 auf dem Rückflug nach Ruanda mit seinem Flugzeug abgeschossen wurde. Das Attentat war Auslöser für den Völkermord in der ehemaligen deutschen Kolonie.

Der Fall ist aus Sicht von Diplomaten vor allem deshalb mysteriös, weil die Mitarbeiterin Kagames mehrfach eindringlich vor der Reise nach Deutschland gewarnt worden war. Dabei war ihr erläutert worden, dass die Rechtslage eine Verhaftung bei der Einreise zwingend erforderlich mache.

Bei einem Besuch im April war die Protokollchefin unbehelligt geblieben. Damals hatte sie Kagame allerdings während einer offiziellen Reise begleitet und genoss daher Schutz. Zwar war sie auch am Sonntag zusammen mit dem Präsidenten eingereist. Dessen Reise war aber zuvor als privat angemeldet worden.

Der Konflikt kommt zur Unzeit, weil Deutschlands Kontakte nach Ruanda auch zur Lösung der Krise im Kongo benötigt werden. Vergangene Woche hatte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier deshalb mit Kagame telefoniert. Im Streit über die Festnahme hat Steinmeier persönlich noch keinen Kontakt zu Kagame aufgenommen.

© SZ vom 13.11.2008/ssc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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