Streit um Steinbach:Kaczynski-Zwillinge poltern

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Polens Präsident Kaczynski und sein Bruder, der Ex-Premier, attackieren Vertriebenen-Chefin Steinbach. Außenminister Sikorski schimpft gar: "Steinbach kam mit Hitler in unser Land".

Im Streit um die Kandidatur von Erika Steinbach für den Stiftungsrat der geplanten Erinnerungstätte zu den Vertreibungen hat Polen weiter nachgelegt.

Früher Premier, nun Oppositionsführer: Kaczynski auf einem Archivbild (Foto: Foto:)

Ministerpräsident Donald Tusk bekräftigte seine Ablhneung. "Für Polen ist diese Person inakzeptabel. Sie wird in den polnisch-deutschen Beziehungen immer ein Missklang sein", sagte Tusk nach der Kabinettssitzung in Warschau. Sein Land vertrete in dieser Frage einen "harten Standpunkt", betonte er.

Auch vom Staatsoberhaupt kamen kritische Töne in Richtung Steinbach: Die Präsidentin des Bunds der Vertriebenen (BdV) sei "ein Problem für unser Land", sagte Präsident Lech Kaczynski.

Die "Haltung" der Christdemokratin Steinbach und die Tatsache, dass sie in der CDU "großen Einfluss" habe, könne in Polen "nicht unbemerkt bleiben", sagte der nationalkonservative Präsident weiter.

Auch sein Bruder, der nationalkonservative Oppositionsführer in Polen, Jaroslaw Kaczynski, schaltete sich in die heikle Causa ein. Der Ex-Premier warf der Regierung von Donald Tusk im Streit um die Vertriebenen-Präsidentin Erika Steinbach Nachgiebigkeit gegenüber Deutschland vor.

Man sollte eine "harte" Politik machen, statt erst später, wenn die "weiche" Politik "bittere Früchte" bereits gebracht habe, Alarm zu schlagen, sagte Kaczynski in Warschau.

Tusks Deutschland-Politik habe Polen nichts Gutes gebracht. Der deutschlandkritische Kaczynski hatte bis November 2007 Polens Regierung geführt. In dieser Zeit war es zu zahlreichen Reibungen zwischen Warschau und Berlin gekommen.

Kaczynski bezeichnete es als "höchst merkwürdig", dass Steinbach eine wesentliche Rolle auf der deutschen Politbühne spielen könne. Um einen Kommentar zur jüngsten Äußerung des Außenministers Radoslaw Sikorski, gebeten sagte Kaczynski: "Ich glaube, man darf immer Wahrheit sagen."

Sikorski: "Steinbach kam mit Hitler in unser Land"

Sikorski hatte am Montag in Brüssel nach Angaben der Polnischen Presse-Agentur PAP an die Landsmannschaften appelliert, sich von Steinbach zu distanzieren.

"Wollen die Menschen, deren Familien seit Generationen dort (in ehemaligen deutschen Ostgebieten) gelebt hatten, mit solcher Person wie Frau Steinbach, die in unser Land mit Hitler kam und mit Hitler verschwinden musste, gleichgesetzt werden?"

Sie sei keine Vertriebene, ihr Vater habe vor der "erfolgreich vorrückenden" Roten Armee sowie den polnischen Streitkräften flüchten müssen, so Sikorski.

Steinbach soll nach dem Wunsch der Vertriebenenverbände in den Stiftungsrat für die in Berlin geplante Vertriebenen-Gedenkstätte einziehen.

Polnische Politiker lehnen dies strikt ab. Sie werfen Steinbach seit Jahren vor, die Geschichte umdeuten und damit die deutsche Schuld am Zweiten Weltkrieg relativieren zu wollen.

© dpa/AP/AFP/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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