Streit um Internationalen Strafgerichtshof:USA sperren Militärhilfe für 35 Länder

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Mit den Sanktionen soll Druck auf Staaten ausgeübt werden, die bislang kein bilaterales "Immunitätsabkommen" mit Washington abgeschlossen haben. Diese Verträge schützen US-Bürger vor einer Auslieferung an den Strafgerichtshof in Den Haag.

Die USA haben im Streit um den Internationalen Strafgerichtshof 35 Ländern die Militärhilfe gesperrt. Das teilte der Sprecher des Washingtoner Außenministeriums, Richard Boucher, am Dienstag mit.

Die Sanktionen betreffen neun europäische Staaten, darunter die sechs osteuropäischen Nato-Anwärter Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, die Slowakei und Slowenien. Diese Länder haben bislang kein bilaterales "Immunitätsabkommen" mit den Vereinigten Staaten abgeschlossen, das US-Bürger vor einer Auslieferung an den IStGH schützt.

Aus dem selben Grund wurde die US-Militärhilfe auch für Kroatien, Malta und Serbien-Montenegro gesperrt, Bulgarien treffen die Sanktionen, obwohl das Land sich im Irak-Konflikt entschlossen an die Seite der USA gestellt hatte.

In Afrika sind zehn Staaten von den Sanktionen betroffen, darunter Südafrika, in der Pazifikregion werden die Militärhilfen für Fidschi und Samoa eingefroren. In Lateinamerika und der Karibik sperrt Washington die Gelder für insgesamt 14 Staaten, darunter Brasilien und Kolumbien.

Frist abgelaufen

Eine Frist für zweiseitige Abkommen mit den USA über einen Schutz für die Amerikaner war am Dienstag abgelaufen. Wie Boucher sagte, wollen die USA auch weiterhin bisherige Verweigerer dazu drängen, die Immunität in bilateralen Vereinbarungen festzuschreiben.

Staaten, die innerhalb der kommenden Monate "Immunitätsabkommen" mit den USA unterzeichnen, können Boucher zufolge mit Aufhebung der Sanktionen rechnen. Bislang haben mehr als 50 Staaten solche Abkommen mit den USA unterzeichnet, mindestens sieben davon im geheimen.

Die jetzt verhängten Sperren werden sich erst im kommenden Jahr voll auswirken, weil der Großteil der Militärhilfe für das laufende, Ende September zu Ende gehende US-Haushaltsjahr bereits ausgezahlt ist. Für die noch drei verbleibenden Monate beläuft sich die Summe der zurückgehaltenen Mittel nach Bouchers Angaben auf insgesamt 47,6 Millionen Dollar.

Automatische Sperre

Ein US-Gesetz schreibt die automatische Sperre der Militärhilfe für alle Länder vor, die den US-Wünschen nicht nachkommen. Prinzipiell ausgenommen von einer Einstellung von Militärhilfen sind Nato-Mitglieder und enge Verbündete wie Israel, Ägypten, Australien und Südkorea sind ausgeschlossen.

Für 22 Länder, die eine Vereinbarung mit den USA noch nicht unterzeichnet oder ratifiziert haben, erteilte Präsident George W. Bush am Dienstag Ausnahmegenehmigungen.. Das sei "wichtig im nationalen Interesse". Zu dieser Ländergruppe gehören Rumänien, Bosnien- Herzegowina, Afghanistan, die Demokratische Republik Kongo und Panama.

Rund 50 Länder haben bislang bilaterale Abkommen mit den USA geschlossen, die im Falle einer Anklage das Ausliefern von US- Bürgern an den Gerichtshof ausschließen.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

Der IStGH mit Sitz in Den Haag hat die Aufgabe, Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu ahnden. Die USA lehnen das Gericht ab, weil sie politisch motivierte Verfahren gegen US-Bürger und Soldaten im Ausland befürchten. Sie haben deshalb eine breite diplomatische Initiative gestartet, um ihre Bürger vor einer Auslieferung nach Den Haag zu schützen. Insbesondere die Europäische Union und Menschenrechtsorganisationen sehen darin einen weiteren Versuch der US-Regierung, sich internationalen Verpflichtungen zu entziehen.

(sueddeutsche.de/dpa/AFP)

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