Streit um Flüchtlingslager:Bundesinnenministerium will "Karussell des Elends durchbrechen"

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Nach der harschen Ablehnung der Grünen verteidigt Schilys Behörde dessen Vorstoß für Asylanten-Auffanglager in Nordafrika. "Es geht nicht nur um Flüchtlingselend", sagte Ministeriumssprecher Lingenthal. Es gebe auch Menschen, "die illegal in die Europäische Union einreisen und hier arbeiten wollen".

Schily habe nicht nur "Einrichtungen" für Flüchtlinge in Transitländern vorgeschlagen, sondern auch einen deutlichen Ausbau des Seenotrettungsdienstes.

"Es geht keineswegs nur um Flüchtlingselend", sagte Lingenthal in Berlin. Es gebe auch "geschleuste Menschen, die illegal in die Europäische Union einreisen und hier arbeiten wollen".

Der Sprecher verwies darauf, dass etwa die Anerkennungsquote für Asylbewerber aus Nigeria im vergangenen Jahr "null" war. Von etwa 2000 Nigerianern sei keiner anerkannt worden. Viele versuchten unter Lebensgefahr, über das Mittelmeer in die EU zu gelangen. Wenn sie es schaffen, aber dann abgeschoben würden, versuchten viele es ein weiteres mal.

Dieses "Karussell des Elends" müsse durchbrochen werden, sagte Lingenthal. Zugleich sollte überlegt werden, wie man diesen Menschen in "Einrichtungen" außerhalb der EU die Chance zum Asylantrag geben könne - und zwar bevor sie sich in unsicheren Booten auf den Wasserweg machten, sagte .

Bundesregierung lehnt britischen Vorschlag ab

Der von den Briten Anfang 2003 gemachte Vorschlag gehe dagegen viel weiter, sagte Lingenthal. Er würde dazu führen, dass Asylsuchende zunächst wieder außerhalb der EU gebracht würden. Die Bundesregierung lehne diesen Vorschlag ab und werde "ihn auch weiter ablehnen".

Schily habe seinen Vorschlag am Montag bei einem Treffen der EU-Innen- und Justizminister als mögliches Arbeitsthema für die nächsten fünf Jahre genannt. Dabei müsse unter anderem geklärt werden, wer die Asylanträge in den Transitländern bearbeiten soll. Klar sei, dass alles nur unter strikter Einhaltung internationaler Gesetze erfolgen könne.

Lingenthal machte auf Nachfrage deutlich, dass ein offizielles Seenot-Rettungsschiff die Geretteten natürlich nicht zu ihrem Ausgangsland zurück, sondern auf dem kürzesten Weg in ein Krankenhaus bringen würde.

Dabei kritisierte Schilys Sprecher erneut das Vorgehen der Hilfsorganisation Cap Anamur. Die "Cap Anamur" sei erst fünf Tage durch das Mittelmeer gekreuzt, um sich dann nach Ankunft ihres Leiters "mit der Pose des Retters" der Öffentlichkeit zu präsentieren.

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Hartmut Koschyk (CSU), unterstützte - wie zuvor schon Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) - grundsätzlich Schilys Vorschlag. Wenn in sicheren Regionen außerhalb der EU eine menschenwürdige Prüfung der Asylgründe und eine gleichmäßige Verteilung der Asylbewerber auf die EU vorgenommen werde, sei dies immer noch humaner, "als Flüchtlinge in die Hände von Schlepperbanden zu werfen", sagte er dem "Tagesspiegel" (Donnerstag).

Der FDP- Innenpolitiker Rainer Funke sagte, wer Asylverfahren in die Herkunftsregionen auslagern wolle, "bekämpft nicht dessen Missbrauch, sondern will das Asylrecht insgesamt unterlaufen".

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