Streit um Berufsverbot:Neue Hoffnung für linken Lehrer

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Durch alle Instanzen ist ein Lehramtsanwärter aus Heidelberg gezogen, um endlich unterrichten zu dürfen. Bislang unerfolgreich. Das könnte sich bald ändern.

Christoph Schäfer

Weil er Mitglied in der antifaschistischen Initiative Heidelberg ist, die vom Verfassungsschutz als linksextrem eingestuft wird, hatten es die Bundesländer Hessen und Baden-Württemberg bislang stets abgelehnt, Lehramtsanwärter Michael Csaszkóczy in den Schuldienst zu übernehmen.

Bemüht sich gegen sein Berufsverbot: Lehramtsanwärter Michael Csaszkóczy (Foto: Foto: dpa)

Csaszkóczy wollte dies nicht hinnehmen und zog durch die Instanzen - bislang ohne Erfolg. Dies dürfte sich nun ändern, denn der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat heute Morgen die entsprechenden Beschlüsse des Oberschulamtes Karlsruhe aufgehoben. Zudem verpflichteten die Richter das Oberschulamt dazu, über Csaszkóczys Antrag erneut zu entscheiden - und ihre Rechtsauffassung dabei zu beachten.

"Die dem Kläger vorgehaltene "Sündenliste" mit zahlreichen Einzelvorfällen ist nicht geeignet, die Annahme mangelnder Verfassungstreue zu rechtfertigen", entschieden die Richter. Weil das Land vom Verwaltungsgericht aber nicht dazu gezwungen werden könne, Csaszkóczys einzustellen, muss dieser nun einen neuen Antrag stellen - den das Oberschulamt im Sinne des Gerichts entscheiden muss.

Bereits im Sommer 2002 hatte sich der 36-jährige Csaszkóczys als Realschullehrer beworben. Das Oberschulamt lehnte seine Einstellung aber wegen Zweifeln an seiner Verfassungstreue ab. Die Behörde schloss sich damit einer Einschätzung der ehemaligen baden-württembergischen Kultusministerin und amtierenden Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) an.

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte das Berufsverbot im März 2006 in erster Instanz bestätigt und dabei zunächst keine Rechtsmittel zugelassen. Der Verwaltungsgerichtshof gab aber im August 2006 einem Antrag des Lehrers auf Berufung statt.

In dem nunmehr abgeschlossenen Verfahren hatte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Klage des Realschullehrers unterstützt. Der baden-württembergische Landesvorsitzende Rainer Dahlem sagte: "Wir brauchen Lehrer mit Rückgrat statt die Sanktionierung von politischem Engagement durch das undemokratische und antiquierte Mittel des Berufsverbots."

"Keine konkreten Vorwürfe"

Hoffnung auf einen für ihn positiven Ausgang des Verfahrens schöpft der Kläger bereits im Vorfeld aus dem Worten des Vorsitzenden Richters Klaus Brockmann, der ausdrücklich darauf hinwies, dass nicht nur die negativen, sondern auch die positiven Wesensmerkmale des Mannes berücksichtigt werden müssten. Er verwies darauf, dass Csaszkóczy in der Jugendarbeit engagiert und gegen rechte Gewalt eingetreten war und in Heidelberg sogar für die Bürgermedaille für Zivilcourage vorgeschlagen wurde.

Das Gericht bezog sich zudem auf einen Hinweis des Bundesverfassungsgerichts, wonach der Staat kein Interesse an einer unkritischen Beamtenschaft haben dürfe. "Obwohl das Landesamt für Verfassungsschutz meinen Mandanten seit Jahren beobachtet, wird ihm nichts Konkretes vorgeworfen", argumentierte Csaszkóczys Anwalt Martin Heiming.

Der Vertreter des Landes Baden-Württemberg Detlev Brandner gab im Prozess zu, dass Csaszkóczy ein couragierter Friedenskämpfer sei, erneuerte aber gleichwohl die Zweifel an dessen Verfassungstreue. Brandner vertrat die Ansicht, dass für die Entscheidung des Landes keinerlei Beweise nötig seien: "Zweifel genügen, und die sind nach wie vor nicht ausgeräumt", sagte er - und wurde heute widerlegt.

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