Streit über neues NPD-Verbotsverfahren:Parteien völlig uneins

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Soll ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD angestrebt werden? An dieser Frage scheiden sich die Geister: Die SPD ist dafür, die Union hat Bedenken und die Opposition warnt.

Die SPD will trotz der Bedenken aus der Union ein Verbotsverfahren gegen die rechtsextreme NPD. "Ich bin der festen Überzeugung, dass ein solches Verfahren durchaus Aussicht auf Erfolg hat", sagte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil nach einer Präsidiumssitzung am Montag in Berlin. Zugleich kritisierte er die Haltung von CDU und CSU, die zweifeln, dass ein neuer Verbotsantrag die vom Bundesverfassungsgericht gesetzten Hürden nehmen und damit erfolgreich sein kann.

Wie soll gegen die rechtsextreme NPD vorgegangen werden? Die demokratischen Parteien sind sich nicht einig. (Foto: Foto: AP)

Das von CDU und SPD regierte Sachsen-Anhalt sagte am Montag die für denselben Tag angekündigte Veröffentlichung von Material über die NPD ab. Heil bekräftigte die SPD-Auffassung, wonach der Nachweis über die Verfassungsfeindlichkeit der NPD aus öffentlich zugänglichen Quellen geführt werden könne. "Man muss schon ziemlich blind sein", wenn man das aggressive Verhalten der Partei gegenüber der demokratischen Ordnung nicht erkenne, sagte er.

Ein früheres Verfahren vor dem Verfassungsgericht war 2003 gescheitert, da Belastungsmaterial gegen die NPD auf Recherchen eingeschleuster Informanten des Verfassungsschutzes beruht hatte. Die Innenminister von Bund und Ländern hatten sich später darauf geeinigt, öffentlich zugängliches Material über die NPD zu sammeln und dann die Chancen eines neuen Antrags zu klären.

Heil warf der Union vor, dass deren Innenminister offenbar schon vor dieser Prüfung eine Entscheidung gegen einen neuen Verbotsantrag getroffen hätten. Zugleich wies er Berichte zurück, auch SPD-Länder lieferten kein Material. "Die SPD-Länder haben geliefert und werden liefern", sagte er. "Unter Führung des Landes Schleswig-Holstein werden die SPD-Innenminister Material vorlegen."

Unterdessen haben sich die Grünen erneut gegen einen zweiten Anlauf für ein Verbotsverfahren ausgesprochen. "Die Voraussetzungen für ein erfolgreiches Verbotsverfahren sind nicht gegeben", sagte Grünen-Chefin Claudia Roth nach einer Sitzung der Parteigremien am Montag. Die wiederholte Forderung der SPD danach sei "eine einfache Antwort auf eine sehr schwierige Frage". Sie forderte eine breite gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus.

"Prävention und nicht Repression"

Roth stellte klar, dass die Grünen "nicht prinzipiell" gegen ein NPD-Verbot sind: "Aber es muss durchsetzbar sein." Würde ein Verbotsverfahren ein zweites Mal scheitern, wäre dies ein großer Erfolg für die NPD. "Das kann keiner wollen." Der SPD warf sie vor, in populistische Forderungen zu verfallen. Nicht einmal die SPD-Landesinnenminister seien bereit, die Voraussetzungen für ein solches Verfahren zu schaffen.

In einem am Montag verabschiedeten Beschluss des Grünen-Parteirates heißt es: "Prävention und nicht Repression muss an erster Stelle stehen. Unser Anliegen ist es, die Wurzeln von Rechtsextremismus zu bekämpfen." Wirksam geschwächt werden könnten die NPD und andere rechtsextreme Parteien und Verbände nur durch eine lebendige, demokratische Alltagskultur.

Erneutes Scheitern ist Persilschein

Vor einem erneuten Scheitern eines Verbotsverfahrens hat auch die FDP gewarnt. Parteichef Guido Westerwelle erklärte am Montag in Berlin, entscheidend sei nicht der politische Wunsch nach einem Verbot, sondern die juristische Substanz, die vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben müsse. Das Scheitern des ersten Verfahrens 2003 habe zu einer Einigung der rechten Szene geführt. Daran seien die Urheber des ersten Verfahrens schuld. Für Scharmützel zwischen den Koalitionspartnern Union und SPD wegen des von Sozialdemokraten befürworteten neuen Verbotsantrags eignet sich das Thema laut Westernwelle nicht.

Er unterstrich, schon beim ersten Verfahren 2003 habe er Einblick in die geheimen Unterlagen nehmen können, die dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt worden seien. Ihm sei schon damals klar gewesen, dass sie für ein Verbot niemals ausreichen würden. Ein gleiches Urteil habe sich Hans-Christian Ströbele von den Grünen - auch er Jurist - gebildet, der aber von seiner Fraktion überstimmt worden sei. Ein erneutes Scheitern eines "stümperhaft und unvorbereitet" angegangenen Verfahrens würde von der rechten Szene erneut als Persilschein genutzt werden, sagte Westerwelle.

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