Steuerrecht in Europa:Amazon muss 250 Millionen zahlen

Lesezeit: 2 min

Die EU geht gegen verbotene Steuervergünstigungen vor: Luxemburg soll das Geld vom Online-Händler zurückfordern. Zugleich verklagt Brüssel Irland, damit das Land Milliarden von Apple eintreibt.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Im Kampf gegen höchst umstrittene Steuerpraktiken großer Konzerne hat die EU-Kommission den Druck auf Luxemburg und Irland erhöht. Die Brüsseler Behörde verlangt vom Großherzogtum, dass es 250 Millionen Euro an Steuervergünstigungen von Amazon zurückfordert. Der Onlinehändler habe unfaire Vorteile gegenüber Konkurrenten erhalten, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Mittwoch. Dies sei illegal und verstoße gegen EU-Recht. Einen ähnlichen Fall verwies die Kommissarin an den Europäischen Gerichtshof (EuGH): Da Irland sich seit mehr als einem Jahr weigere, 13 Milliarden Euro an unrechtmäßigen Steuervorteilen vom US-Konzern Apple einzutreiben, sei dies nun Sache der Justiz.

Die Europäische Kommission verschärft damit die Auseinandersetzung mit jenen EU-Staaten, die multinationale Unternehmen mithilfe lukrativer Steuerdeals in ihr Land lockten. Amazon beschäftigt etwa 1500 Mitarbeiter in Luxemburg und ist damit ein großer Arbeitgeber im Großherzogtum. Gemäß einer Steuerabsprache aus dem Jahr 2003 habe Amazon sehr viel weniger Abgaben zahlen müssen als andere Unternehmen, erklärte EU-Kommissarin Vestager. Das sei eine verbotene staatliche Beihilfe. "Dadurch wurden fast drei Viertel der Gewinne von Amazon nicht besteuert", sagte Vestager.

Die nun verhängte Zahlung von 250 Millionen Euro könnte das Unternehmen leicht verkraften. Allein im Jahr 2016 erzielte Amazon 2,4 Milliarden Dollar Gewinn. Der Onlinehändler sieht sich allerdings zu Unrecht im Visier der EU-Kommission: "Wir sind der Ansicht, dass Amazon keine Sonderbehandlung von Luxemburg erhalten hat und wir Steuern in vollem Einklang mit dem luxemburgischen und internationalen Steuerrecht bezahlt haben", sagte ein Konzernsprecher. Eine Berufung werde geprüft. Amazon hat seine Steuerpraxis in Europa mittlerweile geändert. Seit 2015 versteuert der Internetkonzern seine Gewinne in einzelnen europäischen Ländern, etwa auch in Deutschland und Italien.

Die irische Regierung nannte die Ankündigung der Kommission, im Fall Apple vor den EuGH zu ziehen, "extrem enttäuschend". Dublin hat sich bereits vor Längerem - ebenso wie Apple - an das EU-Gericht gewandt, um die Brüsseler Forderung, Irland möge die 13 Milliarden Euro eintreiben, anzufechten. Aus Sicht der EU-Kommission gewährte Irland dem Unternehmen zwischen 2003 und 2014 unerlaubte Vergünstigungen. Der Steuersatz von Apple sei dabei im Jahr 2014 auf 0,005 Prozent gesunken.

Trotz des Widerstands aus Irland, Luxemburg und den Niederlanden versucht derzeit eine Gruppe von zehn EU-Ländern, eine einheitliche Besteuerung für Internetkonzerne in Europa zu erreichen. Darunter sind Deutschland, Italien und Frankreich. Sie wollen die Unternehmen künftig nicht mehr nach dem Gewinn, sondern nach ihrem Umsatz besteuern und so verhindern, dass Firmen wie Google, Apple oder Facebook ihre Gewinne in Europa kleinrechnen. Die EU-Kommission favorisiert zwar weiter eine Vereinbarung auf Ebene der G-20-Staaten, steht dem Vorschlag aber offen gegenüber.

© SZ vom 05.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: