Steinmeier zur Ratspräsidentschaft:"Wir werden keine Wunder vollbringen können"

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Weil sich der Rest Europas von der am 1.Januar beginnenden deutschen EU-Präsidentschaft viel zu erhoffen scheint, hat Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier nun in Brüssel die Erwartungen gedämpft.

Martin Winter

"Wir werden keine Wunder vollbringen können'', sagte er bei Vorstellung des deutschen Präsidentschaftsprogramms. Er versprach aber, dass Berlin die vielen Probleme der EU ,,ernsthaft und seriös'' angehen werde.

Steinmeier kündigte politische Initiativen innerhalb der Gemeinschaft, aber auch ein breites Spektrum außenpolitischer Aktionen an.

Ohne eines der Mitgliedsländer namentlich zu erwähnen, kritisierte er die immer noch häufige Uneinigkeit der EU bei internationalen Problemen. Deutschland wolle Europa dazu bringen, ,,mit einer Stimme in der Außenpolitik zu sprechen''.

Damit spielte der Berliner Chefdiplomat auf einen Streit innerhalb der EU über die Haltung zu Syrien an. Während Berlin direkte Kontakte favorisiert, lehnt Paris sie ab. Europäische Diplomaten sind überzeugt, dass die dadurch weiter bestehende Kontaktsperre mit Damaskus den Vermittlungsbemühungen der EU im Nahen Osten schadet.

Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich angekündigte neue Nahost-Initiative der EU wird nach Steinmeiers Worten erst einmal vor allem darin bestehen, die USA, die UN und Russland davon zu überzeugen, dass das Nahost-Quartett zusammen mit der EU wieder belebt werden müsse.

Nur das Quartett habe eine ,,ausreichende internationale Autorität''. Mit Blick auf die allgemeinen politischen Beziehungen und auf die Energieversorgung der EU bedauerte Steinmeier, dass sich die Union immer noch nicht auf ein Verhandlungsmandat für Vertragsgespräche mit Russland hat einigen können.

Gespräche mit Zypern

Die werden weiterhin durch ein polnisches Veto blockiert. Berlin, kündigte der Minister an, werde sich darum bemühen, diese Blockade in den kommenden Monaten zu durchbrechen.

Eine andere Blockade will die Regierung in Berlin schon im Januar angehen. Sie will die Republik Zypern bewegen, ihren Widerstand gegen ein Direkthandelsabkommen der EU mit Nordzypern aufzugeben. Nur so könne wieder Bewegung in die verfahrene Lage gebracht werden, sagte Steinmeier. Damit hofft er auch, die Grundlage für eine Belebung der Beitrittsgespräche mit der Türkei schaffen zu können.

Als EU-weit wichtigste Aufgabe bezeichnete Steinmeier die Wiederbelebung des Verfassungsprozesses. Im Juni kommenden Jahres will Berlin seinen Partnerländern zumindest einen ,"Fahrplan'' vorlegen, wie man zu einem neuen Vertrag kommen kann. In diesem Zusammenhang sprach Steinmeier auch von dem ,,Vertrauen'', das man bei den Bürgern für die europäische Sache zurückgewinnen müsse.

Da gibt es für die Bundesregierung auch im eigenen Lande inzwischen einiges zu tun. Laut dem Ergebnis des jüngsten Eurobarometers sinkt die Zustimmung zur EU langsam, aber spürbar. So haben nur 42 Prozent der Deutschen ein ,,positives Bild'' von der EU und liegen damit unter dem europäischen Durchschnitt.

Nur knapp jeder Zweite glaubt, dass Deutschland von der EU profitiert. Insgesamt finden aber immer noch 58 Prozent der Deutschen, dass ihre Mitgliedschaft in der Europäischen Union eine ,,gute Sache'' ist.

© SZ vom 20.12.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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