Steigende Preise:EU will Bürger bei Öl und Benzin entlasten

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Angesichts schnell steigender Preise für Treibstoff und Nahrungsmittel wollen Staats- und Regierungschefs der EU die Verbraucher entlasten. Die Kommission prüft außerdem eine reduzierte Mehrwertsteuer für Treibstoff.

D. Brössler, C. Gammelin und M. Winter

Die Staats- und Regierungschefs der EU wollen die Verbraucher bei den rasant steigenden Kosten für Treibstoff und Nahrungsmittel entlasten. Bei ihrem Gipfeltreffen am Donnerstagabend in Brüssel stimmten sie überein, Soforthilfen für sozial Schwache und besonders betroffene Wirtschaftsbranchen möglich zu machen. Die Maßnahmen dürften allerdings nicht gegen die Regeln des Binnenmarktes verstoßen oder europäische Verträge verletzen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel im Gespräch mit Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker (Mitte) und dem französischen Präsidenten Nicolas in Brüssel (Foto: Foto: AFP)

Kommissionspräsident José Manuel Barroso entschärfte einen europäischen Streit über steuerliche Entlastungen für Ölverbraucher. Er kündigte an, entsprechende Vorschläge des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy "sorgfältig zu prüfen". Sarkozy hatte im Vorfeld des Gipfels wiederholt gefordert, die Steuer auf Mineralöl zu senken oder die Mehrwertsteuer auf Ölprodukte einzufrieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte dies bei ihrer Regierungserklärung am Donnerstagmorgen noch kategorisch abgelehnt.

Auch Barroso hatte sich zunächst gegen Steuersenkungen ausgesprochen. Mögliche Soforthilfen sollten prinzipiell vom Energiepreis abgekoppelt sein, sagte er. Nun kündigte Barroso an, die Kommission werde in Kürze einen "geeigneten Vorschlag" vorlegen. Landwirte und Fischer können mit gesonderten Hilfen rechnen. Am Dienstag werden sich die EU-Landwirtschaftsminister über Details verständigen.

Merkel will nach dem irischen Nein zum Lissabon-Vertrag eine Spaltung der Europäischen Union verhindern. Im Bundestag wandte sie sich gegen die Idee eines Kerneuropas oder eines Europas der zwei Geschwindigkeiten. Die Situation müsse mit irischer Hilfe von der ganzen EU gelöst werden, forderte sie. Die Geschlossenheit Europas sei "kein Selbstzweck, sondern ein hohes Gut", sagte Merkel. "Man kann nicht eine erweiterte Europäische Union haben und zugleich bei der ersten Schwierigkeit immer sofort sagen: Jetzt gestalten wir Kerneuropa." Auch rechtlich führe diese Idee "keinen Schritt weiter".

Auf einzelnen Politikfeldern, etwa dem Euro, stehe es den Staaten frei, ob sie sich beteiligten. Das gelte aber nicht für die institutionelle Ausgestaltung. "Darüber kann nur die gemeinsame Europäische Union entscheiden", betonte Merkel. "Kerneuropa" bedeutet, einen Kreis integrationsfreudiger Staaten zu bilden, dem sich andere anschließen könnten. Ein "Europa der zwei Geschwindigkeiten" liefe auf das gleiche hinaus, allerdings unter einem einheitlichen rechtlichen Dach.

Die Opposition im Bundestag bekannte sich mit Ausnahme der Linkspartei zum Lissabon-Vertrag, äußerte aber auch Kritik. Man mache es sich zu leicht, wenn man sage, "im Rest Europas wäre eine Abstimmung garantiert anders ausgegangen", sagte FDP-Chef Guido Westerwelle. Der Vertrag schaffe europäische Streitkräfte, aber keine neuen sozialen Grundrechte, kritisierte der Fraktionschef der Linkspartei, Gregor Gysi.

Die irische Regierung will nach dem Nein der Bürger zum Vertrag von Lissabon beim nächsten EU-Gipfel im Oktober noch keine Lösungen für ein Ende der Krise vorschlagen. Das sagte Außenminister Michéal Martin beim Gipfel. Damit dämpfte er die Hoffnung vieler Partnerländer, rasch unter französischer EU-Ratspräsidentschaft einen Ausweg aus der politischen Blockade der Gemeinschaft zu finden.

© SZ vom 20.06.2008/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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