Staatsdiener:Faule Fische

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Berlins Innensenator Ehrhart Körting will leistungsunwillige Beamte entlassen. Und macht sich damit wenig Freunde.

Constanze von Bullion

Es ist noch nicht sehr lange her, da musste der Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin sich bei seinen Mitarbeitern entschuldigen. Die Finanzbeamten der Stadt, so hatte er beklagt, schlichen "bleich und übel riechend" über die Gänge.

Bringt die Beamtenseele zum kochen: Innensenator Ehrhart Körting. (Foto: Foto: dpa)

Natürlich war die Empörung groß, und natürlich kocht die Beamtenseele auch jetzt wieder. Diesmal ist es Innensenator Ehrhart Körting (SPD), der die Nase rümpft und in einem Brief an Bundesinnenminister Otto Schily erklärt hat, mit den Beamten sei es wie mit den Fischen: "Wenn man den faulen Fisch nicht herausnimmt, stinkt bald die gesamte Kiste".

Körting hat sich für seinen geruchsintensiven Vergleich nicht entschuldigt, und wenn er an diesem Donnerstag bei der Innenministerkonferenz der Länder fordert, leistungsunwillige Beamte zu entlassen, könnte sein Vorstoß - nicht in der Form, aber in der Sache - sogar Zuspruch finden.

Schockierende Frechheit

Schon früher hat sich Berlin mit der Öffnung der Flächentarifverträge für Beamte bundesweit profiliert. Dass der Bund nun auch die Verbeamtung auf Lebenszeit kippt und die Verfassung dafür geändert wird, hält CDU-Rechtsexperte Rupert Scholz hingegen für aussichtslos.

Ob Körting Erfolg hat, hängt nicht zuletzt von Schily ab, der Einschnitte für Beamte grundsätzlich befürwortet, die Abschaffung des Beamtenstatus bisher aber ablehnt. Diese befürchten nun die Staatsdiener. "Ohne Lebensarbeitszeit braucht man keine Beamten mehr", sagt der Berliner Landeschef des Deutschen Beamtenbunds, Joachim Jetschmann, den Körtings Frechheit "geschockt" hat.

Der Berliner Innensenator aber legt nach. Das Dienstrecht für Beamte sei eine Regelung, "von alten Männern für alte Männer", sagte er der Berliner Zeitung. Zwar seien die meisten engagiert. Es gebe aber auch jedes Jahr etwa 110 Bedienstete in Berliner Gefängnissen, die unter 50 Jahren seien und frühpensioniert werden wollten.

Einen 40-Jährigen lebenslang zu versorgen, sei unzumutbar. Auch Beamte, die sich zwanzigmal im Jahr am Montag krankmeldeten, könne man kaum loswerden.

Korrektur des Disziplinarrechts

Aus der Luft gegriffen sind die Beispiele offenbar nicht. Peter Heesen, der Bundesvorsitzende des Beamtenbunds, lehnt die Beamtenkündigung zwar ab, nicht aber eine Korrektur des Disziplinarrechts. Sein Berliner Kollege dagegen weist das zurück. "Ich weiß nicht, was der Kollege Heesen meint", sagt Jetschmann.

"Das Disziplinarrecht ist völlig ausreichend." Nach den Widersachern im eigenen Haus wird er sich nun Berlins Innensenator vorknöpfen. Aber erst, wenn die Sache mit dem Fisch vom Tisch ist.

© SZ vom 18.11.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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