Sprengsatz in Bonn:Suche nach einem zweiten Mann

Fahndungsplakat Polizei Köln

Bildausschnitt aus einem Fahndungsplakat der Kölner Polizei.

(Foto: dpa)

Über den Hintergrund der Bonner Bombe rätseln die Ermittler noch. Fest steht laut Bundesanwaltschaft nur, dass der Sprengsatz "höchst gefährlich" gewesen sei. Und nun wird nach einem zweiten Tatverdächtigen gesucht.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Die Bundesanwaltschaft hat bisher keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Terroristen den am Montag entdeckten Sprengsatz auf einem Bahnsteig in Bonn platziert haben können. "Ein terroristischer Hintergrund lässt sich nicht mit zureichender Sicherheit feststellen", sagte Generalbundesanwalt Harald Range am Mittwoch. Anfängliche Hinweise auf islamistisch motivierte Täter hätten sich nicht verdichtet, ergänzte Ranges Stellvertreter Rainer Griesbaum.

Zwei am Dienstag von der Polizei festgesetzte Männer sind inzwischen wieder auf freiem Fuß. Bei einem der Freigelassenen soll es sich um Omar D. handeln; er wird der Bonner Islamistenszene zugerechnet. Mit einem Phantombild wird jetzt nach einem 30 bis 35 Jahre alten dunkelhäutigen Mann gesucht, der die Tasche abgestellt haben soll; ein Schüler hatte ihn der Polizei beschrieben. Gefahndet werde inzwischen aber auch nach einem "hellhäutigen" Mann, teilte die Polizei am Mittwochnachmittag mit. Die Ermittlungen werden nach wie vor von der Bonner Staatsanwaltschaft geführt, die Bundesanwälte werden "engmaschig" unterrichtet.

Nach Griesbaums Schilderung handelte es sich um einen "höchst gefährlichen Sprengsatz" - wenngleich die Ladung mangels Zünder nicht zur Detonation hätte gelangen können. Ob der Zünder allerdings von vornherein fehlte oder bei der Entschärfung herausgeschleudert oder zerstört worden ist, wird derzeit noch untersucht. In der Tasche fanden die Ermittler ein mit Ammoniumnitrat gefülltes Metallrohr, umgeben von vier Gaskartuschen, sowie einen Wecker, der offenbar für eine zeitlich versetzte Zündung dienen sollte; Griesbaum sprach von einem "unkonventionellen Aufbau".

Diffuses Drohszenario

Merkwürdig sind nach seinen Angaben zudem die Umstände, unter denen ein Mann die Sporttasche direkt vor zwei Jugendlichen abgestellt hatte: Mehrmals habe der Mann sich nach der Tasche umgesehen, aus der blaue Drähte sichtbar herausgeragt hätten, sogar die Kartuschen und der Wecker seien von außen erkennbar gewesen. Wie groß die Sprengkraft im Ernstfall gewesen wäre, müsse allerdings erst die kriminal-technische Untersuchung erweisen.

Auch wenn die Hintergründe unklar sind, ist der Vorfall aus Griesbaums Sicht ein Beleg für ein derzeit herrschendes diffuses Drohszenario. Für eine Übernahme der Ermittlungen durch die Bundesanwaltschaft gebe es aber derzeit keinen Ansatzpunkt. "Das ist eine Momentaufnahme", sagte Griesbaum. Derzeit sei alles möglich, sowohl ein politisch motivierter als auch eine krimineller Hintergrund.

Nach der Freilassung der beiden zunächst Festgenommenen forderte der Anwalt von Omar D., Mutlu Günal, eine Erklärung der Behörden. "Die Polizei mag mal erklären, woher dieser Tatverdacht kam. Einfach mal einen Unschuldigen festnehmen, das ist nicht so schön", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Bonner Staatsanwaltschaft betonte, die beiden hätten nie als Tatverdächtige gegolten und seien lediglich von der Polizei in Gewahrsam genommen worden.

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