SPD sucht einen Vizekanzler:Platzeck, Müntefering, Clement, Schröder oder Struck?

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Die Gerüchte um Kanzleramt und Kabinett brodeln unmittelbar vor dem Spitzengespräch zwischen Union und SPD kräftig: Innenminister Schily spricht wieder von der "Israelischen Lösung", SPD-Chef Müntefering will offenbar nicht Vize-Kanzler werden und CSU-Mann Seehofer steht angeblich vor seinem Minister-Comeback.

Nachdem sich laut Berichten eine Annäherung im Posten-Poker um die Besetzung der Ministerposten einer großen Koalition andeutete, rückte die Frage der Kanzlerschaft und des Vizekanzlers immer stärker ins Visier.

Schatten von SPD-Chef Müntefering (Foto: Foto: dpa)

Die SPD sucht angeblich händeringend nach einem Vizekanzler. Sprecher von CDU und SPD gaben am Wochenende keine Stellungnahmen zu Personalfragen ab.

Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Edmund Stoiber sowie SPD-Chef Franz Müntefering und Kanzler Gerhard Schröder (SPD) wollten sich um 20.00 Uhr zu dem Spitzengespräch treffen. Beide Seiten gingen von langen Gesprächen aus, die bis zum frühen Montagmorgen dauern könnten.

Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) kann sich eine Teilung der Kanzlerschaft zwischen Gerhard Schröder (beide SPD) und CDU-Chefin Angela Merkel "sehr gut" vorstellen. "Das würde das nötige Vertrauen beider Partner zueinander stärken", sagte er der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Nach der "israelischen Lösung" würde Schröder weitere zwei Jahre im Amt bleiben und von Merkel abgelöst.

Die SPD-Fraktionslinke und der konservative Seeheimer Kreis erklärten, sie wollten nur Schröder als Kanzler akzeptieren. Müntefering will nach einem Bericht der Berliner Morgenpost nicht Vizekanzler werden. "Er muss Partei und Fraktion zusammenhalten", sagte ein SPD-Vorstandsmitglied. Deshalb werde in der Partei "verzweifelt ein Vizekanzler gesucht".

Laut Tagesspiegel am Sonntag sind Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und Verteidigungsminister Peter Struck (beide SPD) als Vizekanzler und Außenminister im Gespräch. Müntefering und Schröder hatten Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) laut Spiegel für das Außenamt vorgesehen, auch um ihn für die Bundestagswahl 2009 als Spitzenmann vorzubereiten. Platzeck lehnte einen Wechsel nach Berlin aber erneut ab.

Union und SPD verständigten sich nach einem Bericht der Welt am Sonntag darauf, dass sie in einem künftigen Kabinett gleich viele Plätze besetzen. Das könnte für die SPD zwei Ministerien mehr bedeuten, da die Union den Posten des Bundeskanzlers und des Kanzleramtschefs für sich beansprucht, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Parteikreise. Union und SPD wollten übereinstimmend das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit wieder aufteilen.

Laut Focus bot die Union der SPD acht Ressorts an. Dem stünden vier CDU-Minister und zwei der CSU gegenüber. Unter einer Kanzlerin Merkel solle Generalsekretär Volker Kauder Kanzleramtschef werden, berichtete das Magazin unter Berufung auf Unionskreise. Die CSU wolle den früheren Gesundheitsminister Horst Seehofer in die Regierung holen. Unions-Fraktionsvize Wolfgang Zöller (CSU) sagte, das Sozialressort könne in Rente und Gesundheit geteilt werden.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) geht davon aus, dass Union und SPD in einer künftigen Bundesregierung gleich viele Minister stellen. "Die SPD wird verständlicherweise eine gleiche Zahl von Ministerien einfordern", sagte er im Deutschlandfunk. Möglich sei, Paare jeder Seite zu bilden für übergreifende Politikfelder.

Stoiber bekundete erstmals offen Interesse an einem erweiterten Wirtschaftsministerium. Schily brachte im Spiegel Justizministerin Brigitte Zypries (beide SPD) als Nachfolgerin ins Gespräch.

Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff hält es wie Thüringens Regierungschef Dieter Althaus (beide CDU) für sinnvoll, dass die SPD bei einem Verzicht auf das Kanzleramt das erste Auswahlrecht auf die Ministerien hat. FDP-Chef Guido Westerwelle geht von einem Ende einer großen Koalition vor 2009 aus.

Unionspolitiker warnten vor zu großen inhaltlichen Zugeständnissen an die SPD. Althaus sagte der dpa: "Das darf keine Koalition sein, die sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigt." Wie der saarländische Regierungschef Peter Müller (CDU) sprach sich CSU-Landesgruppenchef Michael Glos dafür aus, die Gespräche mit der SPD notfalls scheitern zu lassen. "Wir machen keine große Koalition um jeden Preis", sagte er der Bild am Sonntag. SPD-Linke und Gewerkschafter forderten den Erhalt von Arbeitnehmerrechten und sozialer Gerechtigkeit.

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