(SZ vom 26.08.2003) Vorstandsmitglied Andrea Nahles hatte in der Runde gefragt, weshalb wegen der Kürzungen dennoch an einem Beitrag von 19,5 Prozent "wie an einem Fetisch" festgehalten werde. Es sei doch vertretbar, wenn der Beitrag auf 19,9 Prozent steigen würde.
Nach Teilnehmerangaben reagierten sowohl SPD-Chef Gerhard Schröder als auch Fraktionschef Franz Müntefering verständnisvoll auf Nahles Forderung. 19,5 Prozent seien "kein Dogma", habe Müntefering gesagt, so wie auch "Rürup kein Dogma" sei. Auch der Kanzler legte Wert darauf, dass er dieses Ziel nie genannt habe. Andere Teilnehmer sprachen von einer "perspektivischen Lösung", langfristig könne der Rentenbeitrag durchaus steigen.
Streit um die Rente mit 67
Am Sonntag hatten SPD-Generalsekretär Olaf Scholz und der Sozialexperte Bert Rürup einen stabilen Beitrag als Ziel genannt. Auch Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) warb dafür, damit die Lohnnebenkosten nicht weiter zulegten. Bereits im Januar war der Rentenbeitrag von 19,1 auf 19,5 Prozent gestiegen.
Unterdessen ging der Streit um die Rente mit 67 weiter. SPD-Fraktionsvize Michael Müller lehnte diesen Vorschlag der Rürup-Kommission ab. "Ich glaube nicht, dass das im Augenblick eine Mehrheit hat", sagte er. Die Fraktion wolle vor allem das reale Renteneintrittsalter erhöhen. Noch wechselten viele Arbeitnehmer im Schnitt mit 59 oder 60 Jahren in den Ruhestand. Die Grünen-Fraktionsvize Thea Dückert bekräftigte, dass Rot-Grün um eine Nullrunde und ein höheres Rentenalter nicht herumkomme - wovon sich Grünen-Chefin Angelika Beer distanzierte: Der Rürup-Abschlussbericht werde nicht Eins zu Eins umgesetzt. "Und auch nicht alles, was Frau Dückert sagt, wird Eins zu Eins umgesetzt."
Abschlussbericht am Donnerstag
Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) zeigte sich offen für ein höheres Rentenalter. Der Kanzler wollte sich am Montag inhaltlich nicht äußern: "Ich arbeite daran, die Fraktion auf Schröder-Linie zu bringen", sagte er. "Es gibt keinen Grund zur Aufregung."
Die von Rot-Grün eingesetzte Rürup-Kommission zur Reform der Sozialsysteme kam am Montag in Berlin zum letzten Mal zusammen. Kommissionschef Bert Rürup will den bereits weithin bekannten Abschlussbericht am Donnerstag vorlegen.
Die Experten schlagen vor, das gesetzliche Rentenalter in den Jahren 2011 bis 2035 jährlich um einen Monat von 65 auf 67 Jahre zu erhöhen. Dies solle vor der Bundestagswahl 2006 auf den Weg gebracht werden. Zudem sollen durch einen Nachhaltigkeitsfaktor die Renten künftig langsamer steigen. Ulla Schmidt (SPD) hatte Ende April bei Bekanntwerden der Pläne noch für ein höheres Rentenalter plädiert. Inzwischen äußert sich sie angesichts der Vorbehalte in der Fraktion deutlich vorsichtiger.
(sueddeutsche.de)