SPD:Platzeck lehnt Wechsel ins Bundeskabinett ab

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Der Parteivorsitzende hält eine Diskussion um eine stärkere Profilierung der SPD für überflüssig, Bayerns SPD-Chef Stiegler sogar für "Schwachsinn".

Nico Fried

Der SPD-Vorsitzende Matthias Platzeck lehnt eine Debatte über die stärkere Profilierung seiner Partei und seinen möglichen Wechsel ins Bundeskabinett derzeit ab. "Diese Debatte muss jetzt nicht stattfinden. Sie ist völlig überflüssig", sagte Platzeck der Berliner Morgenpost am Rande des SPD-Landesparteitages in Baden-Württemberg.

Die nächste Bundestagswahl sei erst in drei Jahren. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit und der Berliner SPD-Landesvorsitzende Michael Müller hatten sich zuvor zu einer schärferen Profilierung der Partei durch den Vorsitzenden geäußert. Müller regte den Wechsel Platzecks ins Kabinett an, um dem Vorsitzenden größeres Gewicht zu geben.

Müller sagte der Berliner Zeitung, Platzeck sei die unbestrittene Nummer eins der SPD. "Es wäre deshalb leichter, das Profil der Partei zu schärfen, wenn der Parteichef mittelfristig im Kabinett vertreten wäre." Wowereit sagte der Bild am Sonntag: "Matthias Platzeck muss als Bundesvorsitzender das Profil der SPD darstellen und schärfen."

Alle in der SPD müssten auch mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen in den Ländern und Kommunen die Standpunkte der Partei klarer herausstellen. Im Umfeld Platzecks wurde allerdings darauf verwiesen, dass die Äußerungen nicht als Kritik an Platzeck zu verstehen seien.

Der bayerische SPD-Chef Ludwig Stiegler bezeichnete die Diskussion über die Führung der Partei durch Platzeck als "Schwachsinn". Sie werde nur von Leuten geführt, "die nicht einmal ein Minimum an Geduld aufbringen", sagte Stiegler der Süddeutschen Zeitung.

"Das sind die Leute, die ständig taktieren, aber keine Verantwortung übernehmen - da kann man sich nur an den Kopf fassen." Stiegler lobte ausdrücklich den Führungsstil Platzecks: "Er bringt Offenheit und sogar Fröhlichkeit in die Debatten." Es sei zudem richtig, dass sich Platzeck als Parteivorsitzender vorrangig um die Programmdiskussion der SPD kümmere.

"Um die Lastesel in der Regierung herum muss es Leute geben, die von der Alltagspolitik unbeeinträchtigt diese notwendige Arbeit vorantreiben", sagte Stiegler. Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck und die baden-württembergische Landesvorsitzende Ute Vogt, stellten sich hinter den Chef der Bundespartei.

"Jeden Versuch, Platzeck am Zeug zu flicken, halte ich für ungerecht und dumm", sagte Beck dem Magazin Focus. Mit ihm werde die SPD ein klares Koordinatensystem entwickeln. "Das braucht Zeit", sagte Beck, der auch stellvertretender Parteichef ist. Vogt sagte, Platzeck habe einen anderen Politikstil und arbeite sehr solide, anstatt sich an Schlagzeilen zu orientieren. Die parteiinternen Kritiker "sollten sich um ihre Arbeit kümmern und ihr eigenes Feld bestmöglich beackern", sagte Vogt.

Sorge um Landtagswahlen

Hintergrund der Debatte sind die hohen Popularitätswerte von Kanzlerin Angela Merkel und die damit verbundene Sorge einiger Sozialdemkraten, die SPD werde in der Koalitionsarbeit nicht ausreichend wahrgenommen.

Platzeck hatte sich in den ersten Wochen nach der Übernahme des Parteivorsitzes zunächst mit öffentlichen Äußerungen zurückgenommen und war erst vor einer Woche mit einer Rede vor Gewerkschaftsfunktionären wieder in Erscheinung getreten.

Vergangene Woche kam es dann zu einem Zwist zwischen Platzeck und Vizekanzler Franz Müntefering, nachdem der Arbeitsminister ohne Absprache die beschleunigte Einführung der Rente mit 67 vorangetrieben hatte.

In der Partei hatte dieser Vorstoß wenige Wochen vor den Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt am 26. März Sorgen hervorgerufen, die SPD könne in der öffentlichen Wahrnehmung vor allem mit unpopulären Themen in Verbindung gebracht werden, während die Kanzlerin vor allem durch ihre außenpolitischen Auftritte Punkte sammle.

Die SPD-Spitze verständigte sich inzwischen darauf, Merkel stärker als bisher auch bei innenpolitischen Themen zu stellen.

© SZ vom 6.2.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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