SPD-Konvent in Nürnberg:Kurt Beck auf der Suche nach neuen Schnittmengen

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"Steuersenkungshysterie", "CSU-Amoklauf gegen die Menschen", "Ausbruch aus dem Lagerdenken". Angriff ist die beste Verteidigung. SPD-Chef Beck ruft auf dem "Zukunftskonvent" der Sozialdemokraten seine Genossen zu mehr Disziplin auf, wehrt sich gegen die Linkspartei - und hofiert Grüne und Liberale.

SPD-Chef Kurt Beck hat eine Koalition mit der Linkspartei auf Bundesebene erneut ausgeschlossen und gleichzeitig Grünen und FDP die Zusammenarbeit angeboten. In seiner Eröffnungsrede auf dem Zukunftskonvent der SPD in Nürnberg rief er dazu auf, altes Lagerdenken aufzubrechen und über "neue Schnittmengen" nachzudenken. Unter Hinweis auf Erfolge der sozialliberalen Koalition zwischen 1969 und 1982 rief er der FDP zu: "Wir schlagen keine Türen zu, sondern wir machen auch diese Türen ausdrücklich auf."

SPD-Chef Beck: "Gute Zeit für Deutschland" (Foto: Foto: Getty)

Beck erinnerte auch an die Zusammenarbeit mit den Grünen unter Kanzler Gerhard Schröder. "Wir haben überhaupt keinen Grund, nicht wieder an die rot-grüne Verantwortungszeit anzuknüpfen. Das war eine gute Zeit für Deutschland, und wir sind stolz darauf." Der SPD-Chef bekräftigte, dass es eine klare Beschlusslage zur Abgrenzung von der Linkspartei gebe: "Nach 2009 wird es keine Regierungsbildung oder Duldung mit dieser Gruppierung geben können", sagte er und erklärte sich erneut bereit, dies durch einen neuen Parteitagsbeschluss untermauern zu lassen.

Beck betonte, dass er nach der Bundestagswahl keine Fortsetzung der Großen Koalition anstrebe. "Wir werden alles tun, damit das nicht wieder notwendig ist", sagte er. Nur wenn es keine andere verantwortliche Möglichkeit gebe, "geht Deutschland vor der Befindlichkeit der Parteien".

Forderung an Merkel

Beck rief Kanzlerin Angela Merkel zu einer besseren Abstimmung in der großen Koalition auf - und wies die massiven Vorwürfe aus der Union zurück, die SPD leide derzeit an eklatanter Führungsschwäche. Er habe gehört, die Kanzlerin habe vor ihrer Fraktion erklärt, sie wolle künftig die stellvertretende Parteivorsitzende Andreas Nahles anrufen. "Ich wünschte mir, wenn sie mit überhaupt mit irgendjemand aus der Sozialdemokratie konferieren würde. Das könnte vielen Entscheidungen nur gut tun", sagte Beck.

Die Kritik aus der Union an der Nominierung von Gesine Schwan als SPD-Kandidatin für das Bundespräsidentenamt habe jedes Maß verloren, wenn etwa CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer von "einem Amoklauf gegen die Menschen" spreche, sagte Beck. Nicht die SPD, sondern CDU, CSU und FDP hätten diese Frage für parteitaktische Zwecke genutzt. Sie hätten sich frühzeitig für eine zweite Amtszeit von Bundespräsident Horst Köhler ausgesprochen, ehe dieser sich überhaupt zu einer weiteren Kandidatur bereit erklärt habe.

"In herausfordernder Situation"

Beck hat seine Partei angesichts des schlechten Erscheinungsbilds zur Geschlossenheit gemahnt. "Zweifelsfrei, die Sozialdemokratie ist in einer herausfordernden Situation", sagte er - und räumte auch Versäumnisse von Seiten der Parteiführung ein: "Ich weiß, dass die Großkopferten nicht immer das allerbeste Bild abgegeben haben." Aber wenn Entscheidungen getroffen seien, "gelten sie auch, und zwar für alle". Beck sagte an die Adresse der gut 3000 SPD-Aktivisten: "Ich fordere uns alle auf, das, was uns verbindet, in den Vordergrund zu rücken."

Er wies zudem Forderungen aus der Union nach einem Verzicht auf den geplanten Atomausstieg zurück. "Für uns ist klar, dass die Entscheidung, aus der Atomenergie auszusteigen, steht." Er sei sicher, dass die SPD damit "auf der richtigen, auf der verantwortlichen Seite" sei. Es gehe nun darum, den Einsatz regenerativer Energien zu verstärken. Der Union war er weiterhin eine "Steuersenkungshysterie" vor. Die SPD dürfe nicht "schwach werden" und dabei mitmachen - "auch wenn auf uns eingeprügelt wird". Es sei die Pflicht der Sozialdemokraten, die Schuldenlast nicht zu vermehren, sondern sie in den Griff zu bekommen.

Die SPD erhofft sich von dem eintägigen Kongress in Nürnberg ein "Signal des Aufbruchs und der Stärke". Am Nachmittag wollen die Parteiaktivisten mit der SPD-Parteiführung, den Bundesministern und Abgeordneten in 20 Foren das Regierungsprogramm für die Bundestagswahl 2009 vorbereiten. Beschlüsse werden in Nürnberg nicht gefasst.

Die SPD-Führung widersprach Spekulationen, wonach bereits eine Entscheidung über die Kanzlerkandidatur zu Gunsten von Außenminister Frank-Walter Steinmeier gefallen sei. Diese Darstellung sei falsch, hieß es aus Steinmeiers Umgebung. Der SPD-Herausforderer von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werde frühestens im Herbst diesen Jahres nominiert. Das Magazin Focus hatte berichtet, Beck und Steinmeier hätten sich bereits darauf verständigt, dass der Außenminister ins Rennen gehen soll. Beck ging in seiner rund 80-minütigen Rede nicht auf diesen Bericht ein. Er lobte lediglich, Steinmeier leiste "großartige Arbeit".

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