Skandal im US-Innenministerium:Die wilden Partys der MMS-Chicks

Lesezeit: 2 min

Blubberbäder, Kokain und Sex: Eine Untersuchung enthüllt das skandalöse Verhältnis zwischen dem US-Innenministerium und der Öllobby.

Wolfgang Jaschensky

Earl E. Devaney ist ein alter Hase in seinem Geschäft. Er hat sich hochgearbeitet, war Polizist in Massachusetts, dann Secret-Service-Agent und jetzt ist er Generalinspektor im Innenministerium, zuständig für die interne Kontrolle. Korruption und Wirtschaftskriminalität sind seit Jahrzehnten sein Metier - doch die Machenschaften, die Devaney mit seinem Team jetzt ans Licht gebracht hat, sind so skandalös, dass selbst ein alter Hase schockiert gewesen sein muss.

Kokain gehört im Öl-Geschäft offenbar zu jeder guten Party. (Foto: Foto: i-Stock)

Es geht um Sex und Drogen, um kleine und große Gefälligkeiten, vor allem aber um eine "Kultur ethischen Versagens" in einer Regierungsbehörde. Im Visier der Ermittler: Mitarbeiter des Royalty-in-Kind-Programms RIK vom Mineral Management Service (MMS).

Diese Abteilung des Innenministeriums ist für die Verwaltung von Öl- und Gaslieferungen zuständig, die die Regierung im Gegenzug für Fördergenehmigung auf bundeseigenem Land von Energiefirmen erhält. Für die Ölfirmen geht es jedes Jahr um viel Geld - über RIK bekommen die USA jedes Jahr Öl und Gas im Wert von rund vier Milliarden Dollar. Wenn über so viel Geld entschieden wird, ist es wenig überraschend, dass die Industrie versucht, Einfluss auszüben. Nachdem eine anonyme Quelle Hinweise gegeben hatte, hat Devaney und seine Abteilung im Jahr 2006 mit den Ermittlungen begonnen.

Das Ergebnis von zwei Jahren akribischer Arbeit, von 470.000 untersuchten Seiten verschiedener Dokumente und von 233 Interviews wird in drei ausführlichen Berichten detailliert aufgelistet. Der zentrale Vorwurf: Es gab nicht nur einzelne Fälle von Fehlverhalten, sondern in der gesamten Abteilung herrschte eine Kultur unethischen Verhaltens. "Unsere Untersuchungen haben eine Organisationskultur offenbart, die die ethischen Standards der Regierung missachtet und die über keine Kontrollmechanismen verfügt, um künftig unethisches oder ungesetzliches Verhalten zu verhindern."

Alkohol, Marihuana und Kokain

Ein "verstörendes Bild" zeichnet die Untersuchung insbesondere von drei befreundeten RIK-Angestellten in leitender Stellung. Einer der drei Beschuldigten gründete dem Bericht zufolge unmittelbar nach seinem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst eine Firma, die dann zwei lukrative Aufträge von der damaligen Vizechefin Lucy Q. Denett bekam. Der Dritte im Bunde heuerte nach dem lukrativen Geschäft bei eben jener Firma an. Dennett gab ihren Posten zu Beginn des Jahres auf.

Erhebliches Ausmaß erreichten auch die Geschenke, die MMS-Mitarbeiter von Firmen wie Shell oder Chevron erhielten. Die Aufmerksamkeiten der Energiekonzerne reichten von einfachen Essenseinladungen bis hin zu Golf- oder Skiurlauben und summierten sich zwischen 2002 und 2006 bei zwei Mitarbeitern auf einen nachweisbaren Wert von fast 3000 Dollar.

Interessant sind auch die detaillierten Einblicke, die der Untersuchungsbericht in den Alltag der Arbeit der Öllobby gibt. So schrieb ein Shell-Lobbyist an eine Ministeriumsmitarbeiterin: "You're invited ... have you and the girls meet at my place at 6 am for bubble baths und final prep. Just kidding ..." Besser dokumentiert als Blubberbäder sind bei den Treffen zwischen Regierungsmitarbeitern und Ölfirmen der Konsum von Alkohol, Marihuana und Kokain.

Zwei weibliche Angestellte, die besonders regelmäßig den Einladungen gefolgt sind, wurden von den Öllobbyisten gemeinhin als MMS-Chicks bezeichnet. Zwei Mitarbeitern wurden zudem sexuelle Kontakte mit Mitarbeitern von Firmen nachgewiesen, die mit dem Innenministerium Geschäfte machten. Ob es sich dabei um die MMS-Chicks handelt, ließ der Bericht offen. Klar ist aber, dass derartiges Verhalten gegen die ethischen Standards für Regierungsmitarbeiter verstößt und unabhängige Entscheidungen unter solchen Umständen kaum denkbar sind.

© sueddeutsche.de/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: