Simbabwe:Kein Rücktritt, niemals

Lesezeit: 2 min

Robert Mugabe misstraut Zusagen.

Von Michael Bitala

Es wäre der klassische Handel gewesen, und hätte er geklappt, stünde Simbabwe heute sicherlich besser da. Im Januar war Präsident Robert Mugabe im Urlaub in Asien. Kurz bevor er zurückkehrte, kamen plötzlich Spekulationen über einen friedlichen Machtwechsel auf. Zwei der einflussreichsten Regierungsmitglieder hätten der Opposition die Bildung einer Übergangsregierung angeboten, berichteten europäische und südafrikanische Zeitungen übereinstimmend. Als Gegenleistung sollte Mugabe nicht wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt werden und nach Malaysia ins Exil gehen dürfen. Das Volk werde dieses Opfer bringen, wenn dafür die Tür zur Zukunft geöffnet werde, sagte Oppositionsführer Morgan Tsvangirai.

Günstiger Zeitpunkt

Doch kaum war Mugabe zurück, bezeichnete seine Regierung diesen Vorschlag als "reines Wunschdenken" der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien. Der Präsident werde im Amt bleiben, und es werde auch keine Übergangsregierung geben.

Immerhin haben die Spekulationen vom Januar dazu geführt, dass seitdem immer wieder neue Gerüchte über einen baldigen Abtritt Mugabes auftauchen. Im Februar wird der Präsident 80 Jahre alt, und das wäre, sagen Beobachter, ein günstiger Zeitpunkt für einen Rücktritt. Doch Mugabe wird wohl auch dann den Wunsch der meisten Menschen nicht erfüllen. Dass er sich dermaßen an die Macht klammert, hat vor allem einen Grund: Mugabe hat Angst, für alle seine Verbrechen vor Gericht gestellt zu werden. Da kann ihm von der Opposition noch so oft Immunität garantiert werden, er traut niemandem.

Blutiger Feldzug

Die Liste der Verbrechen, für die sich der einstige Freiheitsheld verantworten müsste, ist schier endlos. Schon kurz nach Mugabes Machtübernahme 1980 kam es zum wohl schlimmsten Vergehen, dem Vernichtungsfeldzug gegen das Volk der Ndebele. Diese unterstützten Mugabes Konkurrenten Joshua Nkomo. Dieser hatte zwar mit Mugabe gegen das rassistische Regime des Ian Smith gekämpft und wurde auch zunächst in das Kabinett der ersten Unabhängigkeitsregierung aufgenommen. Doch als Mugabe ihn kurze Zeit später entließ, kam es im Matabele-Land, der Hochburg der Ndebele, zu Unruhen. Mugabe zögerte nicht und setzte die in Nordkorea ausgebildete und berüchtigte "5. Brigade", in Marsch, die ein Massaker unter den Zivilisten anrichtete. Mehr als 20.000 Menschen sollen damals getötet worden sein.

Zwar liegt dieser Feldzug zwei Jahrzehnte zurück, doch fürchtet Mugabe offensichtlich, dafür belangt zu werden. Spätestens nach der Festnahme von Serbiens Ex-Diktator Slobodan Milosevic und seiner Anklage vor dem UN-Kriegsverbrecher-Tribunal in Den Hag, so berichten Diplomaten in Harare, habe der Präsident beschlossen, niemals freiwillig zurückzutreten; er fürchtet ein ähnliches Schicksal.

Ensetzliche Gier

Doch auch wenn ihm die Anklage vor einem internationalen Gericht erspart bliebe, gäbe es genügend andere Gründe, ihn nach seinem Abgang zu verurteilen. In seiner fast 24jährigen Amtszeit hat es der Despot geschafft, dass seine Regierungspartei nicht nur die Politik, sondern das gesamte Wirtschaftsleben in Simbabwe beherrscht. Und damit plündern Mugabe und seine Günstlinge das Land aus, so gut es nur geht. Zwar weiß bis heute niemand, wie viel der Präsident in die eigenen Taschen gesteckt hat, aber alleine die Gier und der Konsumrausch seiner Frau Grace sorgen seit langem für entsetztes Staunen. Wo immer sie auftaucht, ob in Genf, Paris, Johannesburg oder Kuala Lumpur - ihre Einkaufsorgien sorgen angesichts der Hungersnot in Simbabwe immer für Schlagzeilen.

Würde Mugabe nun abdanken und nicht ins Exil gehen, könnte es durchaus sein, dass er zwar - wie ihm von der Opposition in Aussicht gestellt - nicht wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt wird, sehr wohl aber wegen Unterschlagung in Milliardenhöhe. Und auf ein solches Risiko würde sich der misstrauische Despot aus Simbabwe niemals einlassen.

© SZ vom 30.12.2003 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: