Sicherheit: Rolf Hochhuth über den Staat:"In der Tiefe das Subversive"

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In aktuelle Debatten mischt sich Rolf Hochhuth gerne ein. Ein SZ-Essay von Heribert Prantl ("Der große Rüssel") über den Umbau des Rechtsstaats in einen Präventionsstaat hat den Schriftsteller zu einem Gedicht inspiriert.

Vorbeuge-Haft von Rolf Hochhuth

Rolf Hochhuth - ein streitbarer Geist (Foto: Foto: AP)

- die Schäuble plant, haben Nazis KZ genannt; auch Schutzhaft: War doch seit 33 bekannt

wie sehr das Volk seinen Hitler liebe! Wer ihn ablehnte - damit der doch leben bliebe

- nahm SS den in Schutz gegen Lynchjustiz. So heute: Ist wer gebrandmarkt durch das Indiz,

er verfasse ein Flugblatt gegen Globalisierung: G8, Heiligendamm-, folgt Deportierung

in Vorbeuge-Haft; sogar für 14 Tage in Bayern: Terroristen schmeißen ja nicht mit Eiern!

"Unterbringungs-Gewahrsam": So Polizeigesetze. Zwar können Telefon, Maut viele finden...

Doch würde, ohne Wohnungen zu verwanzen, auch Intimstes aufs Richterband! - mit allen Instanzen,

auch Finanzamt, weiterhin Blinde Kuh gespielt! Bis nicht die totale Durchleuchtung erzielt,

werden Banken, Konzerne, staatliche Stellen systematisch infiltriert: Intellektuellen,

rechten wie linken, haust in der Tiefe, erotisch verankert, das Subversive:

Ein Abel der liest, entdeckt schon Kain im Auge des Bruders; deshalb die Online-Prüfung hier auch des privaten Computers!

Selbstzensur o.k., zähmt musterhaft unsre Presse. Doch Fingerabdruck genügt nicht im Chip der Pässe:

Muß auch aufs Meldeamt! Und einlochen den, unbefristet wer am Telefon sagt; leider erst lückenhaft aufgelistet:

Schäuble verkörpere - Symbol - am eigenen Leibe, weil durch Anschlag verkrüppelt: ihn treibe

Grundrechte killen als Vorbeuge- Rächer... Ist, wer die Verfassung kappt - kein Verbrecher?

Rolf Hochhuth, 75, setzte sich immer wieder mit der NS-Historie auseinander. Sein erstes großes Theaterstück - "Der Stellvertreter" (1963) - thematisierte die Politik des Vatikan gegenüber dem Dritten Reich. Seine Erzählung "Eine Liebe in Deutschland" (1978) wiederum löste die Debatte um die Vergangenheit des CDU-Politikers Hans Filbinger als NS-Richter aus. Der einstige Buchhändler und Lektor hat in späteren Stücken wie "McKinsey kommt" (2004) Sozialthemen aufgegriffen; seine zeitweilige Verteidigung des Holocaust-Leugners David Irving hat ihn aber manche Sympathie gekostet. Zuletzt hatte Hochhuths Tragikkomödie "Heil Hitler" im Januar 2007 an der Berliner Akademie der Künste Premiere.

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