Selbstmordattentat in Kabul:Karsai will mit Taliban verhandeln

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Nach einem schweren Anschlag ist der afghanische Präsident Karsai bereit zu Gesprächen mit den Taliban - und zu weiteren Zugeständnissen.

Der afghanische Präsident Hamid Karsai hat sich zu persönlichen Friedensgesprächen mit Taliban-Führer Mullah Omar bereit erklärt. Außerdem stellte er den Extremisten Posten in der Regierung in Aussicht. Auch mit Milizführer Gulbuddin Hekmatjar wolle er sprechen, sagte Karsai.

"Wenn ich ihre Adresse habe, brauchen sie nicht zu mir kommen, ich werde persönlich dorthin gehen und mich bei ihnen melden", erklärte Karsai. Der Präsident hat die Taliban in den vergangenen Wochen wiederholt zu Verhandlungen aufgefordert. "Warum zerstören Sie das Land", fragte er an die Adresse Omars und Hekmatjars.

Bei einem der blutigsten Anschläge seit dem Sturz der Taliban hatte ein Selbstmordattentäter in der Hauptstadt Kabul zuvor Dutzende Menschen in den Tod gerissen. Nach Angaben des Innenministeriums soll es auch zivile Opfer geben. Die Taliban bekannten sich zu der Bluttat.

In einer ersten Reaktion hatte Präsident Hamid Karsai die internationale Gemeinschaft aufgefordert, ihren Kampf gegen den Terrorismus "entschlossener als bisher" zu führen. Karsai sprach von insgesamt 30 Toten, das Verteidigungsministerium sowie Gesundheitsminister Sajed Mohammad Amin Fatemi sogar von 31.

Fast 30 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte das Verteidigungsministerium mit. Mehrere sollen in Lebensgefahr schweben. Nach Angaben des Innenministeriums gab es auch zivile Opfer. Ein Sprecher sagte, es sei angesichts mehrerer Schwerverletzter zu erwarten, dass sich die Zahl der Toten noch erhöhe.

Das Verteidigungsministerium erklärte, es habe sich bei dem Attentat in der Hauptstadt Kabul um einen Selbstmordanschlag gehandelt. Wie die Behörde weiter mitteilte, hatte sich ein Mann in Militäruniform mit einem Sprengstoffgürtel dem Bus genähert und sich dann in die Luft gesprengt. Die radikal-islamischen Taliban bekannten sich zu der Tat.

"Die Explosion ereignete sich, kurz nachdem eine Gruppe afghanischer Soldaten den Bus betreten hatte", berichtete Augenzeuge Mohammed Saher, der durch umherfliegende Splitter am Kopf verletzt wurde.

Feuer, Rauch, Staub

Die Detonation riss den Bus in zwei Hälften. Ein Polizeioffizier erklärte, er habe die ersten zehn bis 15 Sekunden fast an die Explosion einer Atombombe geglaubt. "Überall war Feuer, Rauch und Staub", sagte Mohammed Asim.

Überall um den Tatort herum zersprangen Fensterscheiben. Anwohner halfen der Polizei, Körperteile vom Boden aufzusammeln und in Plastiktüten zu stecken.

Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahed sagte, der Anschlag sei Teil der Strategie der Radikalislamisten, Attentate während des muslimischen Fastenmonats Ramadan zu verüben.

Die mit Hilfe ausländischer Truppen gestürzten Taliban haben angesichts schwerer Verluste bei Gefechten im vergangenen Jahr ihre Strategie geändert. Statt größerer Angriffe auf Nato-Truppen und afghanische Soldaten setzen die Aufständischen nun verstärkt auf Selbstmordanschläge und Sprengfallen. Im Juni riss ein Selbstmordattentäter in Kabul 24 Polizisten in einem Bus in den Tod.

In einer ersten Reaktion rief EU-Chefdiplomat Javier Solana die internationale Gemeinschaft auf, sich trotz Selbstmordanschlägen weiter für den Wiederaufbau in Afghanistan zu engagieren. Am Rande eines Treffens der EU-Verteidigungsminister im portugiesischen Evora sagte Solana: "Wir müssen weitermachen." Er lobte die Anstrengungen der Europäischen Union, afghanische Polizisten auszubilden. "Die EU tut ihr Äußerstes", sagte Solana.

Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) sagte, die Zahl der Ausbilder werde bis kommenden März auf 195 steigen. Derzeit sind etwa 75 EU-Beamte am Ort, um die Sicherheitskräfte zu schulen.

© AFP/AP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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