Seehofer:"Das Produkt der letzten Monate"

Lesezeit: 2 min

CSU-Chef Seehofer macht die Kanzlerin für das Erstarken der AfD verantwortlich, will aber mit ihr in den Wahlkampf marschieren.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihre Flüchtlingspolitik erneut für das Erstarken der AfD verantwortlich gemacht. "Die AfD in dieser Größenordnung ist das Produkt der letzten Monate", sagte Seehofer der Welt am Sonntag. Mitte 2015 habe die Partei noch weit unter fünf Prozent gelegen, jetzt sei sie fast überall zweistellig, im Osten sogar bei 20 Prozent. "Die Gründe dafür liegen in der falschen Zuwanderungspolitik der Bundesregierung im September letzten Jahres und dem weiteren Umgang damit", sagte der CSU-Vorsitzende.

Die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende hatte im vergangenen September die deutsche Grenze für die Flüchtlinge aus Ungarn geöffnet. Dieser Schritt war in konservativen Unionskreisen wiederholt kritisiert worden. Seehofer hatte noch vor Kurzem gedroht, einen von der CDU unabhängigen Bundestagswahlkampf 2017 zu führen, sollte Merkel an ihrer Strategie im Umgang mit der AfD festhalten. Die Kanzlerin sagte Anfang Mai, sie setze bei der Abgrenzung zur AfD auf eine inhaltliche Auseinandersetzung und einen Kurs der politischen Mitte. Seehofer hielt dem entgegen: "Wir müssen jetzt Klartext reden und die Sorgen der Menschen ernst nehmen. Dann können wir den Spuk der AfD beenden." Zudem betonte Seehofer nun, er wolle "gemeinsam mit Angela Merkel in den Wahlkampf marschieren". Das setze eine gemeinsame inhaltliche Plattform voraus. "Das hat für mich Priorität." Er sei aber nach den jüngsten Gesprächen mit der Kanzlerin sehr zuversichtlich.

Die AfD hat mit dem großen Flüchtlingsandrang im Vorjahr stark an Popularität gewonnen. Im jüngsten Politbarometer erreichten die Rechtspopulisten mit 13 Prozent (plus ein Prozent) ihren bislang besten Wert in dieser Befragung. Bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz schaffte die AfD überall aus dem Stand zweistellige Ergebnisse. Bis zur regulären Bundestagswahl im Herbst 2017 stehen noch fünf Landtagswahlen an.

Bayern bietet Österreich Hilfe an, sollte Wien am Brenner Grenzkontrollen einführen

Führende CDU-Politiker riefen die CSU in den vergangenen Tagen auf, die Richtungsdebatten über den Umgang mit der AfD und in der Flüchtlingspolitik zu beenden. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) geht davon aus, dass CDU und CSU trotz aktueller Differenzen ein gemeinsames Wahlprogramm vorlegen werden, das die CSU aber um einen eigenen Bayernplan ergänzen wird. "Ich bin zuversichtlich, dass es klappt", sagte Kauder der Rheinischen Post.

Seehofer bietet Österreich die Unterstützung seines Bundeslandes bei der Schließung des Brenners an, sollten wieder mehr Flüchtlinge über Italien kommen. Die Abriegelung des Alpenpasses halte er unter diesen Umständen für richtig, sagte Seehofer der Welt am Sonntag. "Wir würden Österreich sogar mit bayerischer Polizei unterstützen, wenn die Regierung in Wien das wünscht." Österreich hatte sich in den vergangenen Wochen auf die Rückkehr zu Grenzkontrollen am Brenner-Pass vorbereitet, verzichtet angesichts der zurzeit geringen Migrantenzahlen aber vorerst auf eine Brenner-Schließung.

© SZ vom 17.05.2016 / dpa, AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: